Ich habe einen Traum
Wenn eine Frau den wichtigsten Job in der Welt innehat, dann sagt das eines: Mädchen und Frauen, ihr könnt alles schaffen.
Wenn ich übermorgen aufwache, ist eine Frau der mächtigste Mensch in der Welt – US-Präsidentin. Ich halte Hillary Clinton nicht für eine besonders gute Vertreterin der Frauenrechte, wenngleich sie das Feministinnen-Banner für die Demokraten in den Vereinigten Staaten hochhält. Zu wenig hat sie sich in ihrer bisherigen Karriere angesichts ihrer Möglichkeiten für Frauen eingesetzt, aber immerhin hat sie etwas getan.
Doch sollte am Mittwoch feststehen, dass sich eine Frau die mächtigste Position, die wir auf Erden nun einmal haben, erkämpft hat, dann heißt das für Hunderte Millionen Mädchen und Frauen in Europa, China, Afrika und im Rest der Welt: Ihr könnt alles schaffen, habt keine Scheu, lasst euch nicht kleinreden, ihr seid gleichberechtigt, kämpft für eure Sache, ihr habt alles in euch. Das ist der Traum, den ich habe.
Die Realität ist eine andere. Laut dem jüngsten Gleichstellungsbericht des Weltwirtschaftsforums (WEF) wird die Gleichstellung von Frauen und Männern schlechter statt besser. Die ökonomische Kluft zwischen den Geschlechtern hat sich weiter geöffnet. War das Weltwirtschaftsforum noch im vorigen Jahr davon ausgegangen, dass es bis zum Jahr 2133 dauern könnte, die Schere zu schließen, gehen die Experten jetzt von einem Zeitraum von 170 Jahren aus. Ein Mal jährlich untersucht das WEF vier Kategorien, wie es um die Chancen von Frauen im Vergleich zu Männern bestellt ist. Dazu gehören Gesundheit und Lebenserwartung, Bildung, Teilhabe an politischen Ämtern sowie Einkommen und Vertretung im Management. Die Kluft wird vom WEF mit 59 Prozent beziffert, so schlecht wie seit 2008 nicht mehr. Es gibt also Handlungsspielraum für Frauen, dafür braucht es Mut und Vorbilder.
Eine Frau an der Spitze der USA. Das ist auch der Traum, dass jemand, der Frauen wie Dreck behandelt, im Jahr 2016 nicht mehr alles werden kann. Dass die Zeiten, in denen Män- ner offen und obszön über sexuelle Übergriffe auf Frauen reden, vorbei sind oder zumindest nicht ohne Folgen bleiben. Manche sagen, beschämende Worte über Körper von Frauen seien wohl nicht das Wichtigste in der Welt. Für Mädchen und Frauen sind sie wichtig, sie sind ein Angriff, auch auf ihren Intellekt, und es behindert sie in all ihren Möglichkeiten.
Ich habe einen Traum – dass unsere Töchter einmal fragen werden: Mama, wie war das eigentlich, als ihr nicht gleichberechtigt wart? Dass die kleinen Buben und Mädchen von heute selbstverständlich alles werden können, unabhängig von ihrem Geschlecht. Ich habe einen Traum, dass Frauen und Männer irgendwann gemeinsam ohne Gehässigkeit, Misstrauen und Unsicherheit, dafür mit Spaß und Humor über unsere Unterschiede reden und lachen können – und sich die trotzdem nicht in unseren Jobs und auf unseren Konten spiegeln. WWW.SALZBURG.COM/ZAUNER