Salzburger Nachrichten

„Ich überlege zu beten, dass Trump nicht Präsident wird“

Drei Viertel aller Österreich­er würden morgen, Dienstag, Hillary Clinton zur Präsidenti­n wählen. Wie erleben Österreich­er, die in den USA leben, die mit Spannung erwartete Wahl?

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Wenn Barbara und Andreas aus dem Fenster in die Gärten ihrer Nachbarn blicken, sehen sie Schilder mit Aufschrift­en wie: „Wählt Trump!“oder „Er macht Amerika wieder groß“. Seit vier Jahren leben die gebürtigen Österreich­er in Florida – genauer gesagt: im Südwesten des Sonnensche­in-Bundesstaa­tes. Einer Hochburg der Trump-Wähler. „Die Stimmung ist sehr angespannt. Es ist schockiere­nd, was diese Wahl mit den Menschen angerichte­t hat. Sie beeinfluss­t Beziehunge­n von Freunden Anja Kröll berichtet von der US-Wahl ’16 und ganzen Familien“, erzählt Andreas.

Gemeint sind republikan­ische und demokratis­che Wähler, die wegen ihrer unterschie­dlichen politische­n Auffassung­en nicht mehr miteinande­r sprechen. „Menschen, die ich bisher als reflektier­t erlebt habe und respektier­e, legen plötzlich einen ungeahnten Rassismus an den Tag, der sprachlos macht“, fügt Barbara hinzu. Die 44-Jährige und ihr 49-jähriger Ehemann dürfen am 8. November nicht wählen. Ihre Stimme würden sie der Demokratin Hillary Clinton geben. „Wenn wir wählen dürften, wäre es eine Verhinderu­ngswahl. Unsere Stimme für Hillary, um Trump zu verhindern“, erklärt Barbara.

Ja zu Hillary Clinton – aus welchen Gründen auch immer – würden auch mehr als drei Viertel aller Österreich­er sagen. Das zeigt eine in 45 Ländern durchgefüh­rte Umfrage von Gallup Internatio­nal. Die größten Zustimmung­swerte erhielt Clinton demnach in Finnland mit 86 Prozent, gefolgt von Portugal (85), Schweden und Südkorea (beide 82). Auf dem sechsten Platz folgt Österreich mit 78 Prozent. Ihren republikan­ischen Herausford­erer würden hingegen nur neun Prozent der Befragten wählen.

Auch der gebürtige Steirer Peter, der in Boston arbeitet, spricht sich gegen Donald Trump aus. „Er prangert alles an, redet alles schlecht. Doch wo sind die Lösungen? Ich könnte nie jemandem meine Stimme geben, der keine konkret ausgearbei­teten Vorschläge hat“, sagt der 35-Jährige. Nachsatz: „Mit Trump machen sich die USA zur interna- tionalen Lachnummer. Einer gefährlich­en allerdings.“Barbaras Grund für ein Nein zu Trump lässt sich so erklären. „Trump ist jemand, der mir Angst macht. Seine Einstellun­g zu Frauen, sein nicht vorhandene­s Programm und er ist kein Mensch, zu dem ich aufschauen kann. Er wäre mir peinlich als Präsident.“

Wer das Rennen um das Weiße Haus am Dienstag machen wird, traut sich das Ehepaar nicht einzuschät­zen. „Bis vor Kurzem hätte ich noch gesagt: Hillary, ganz klar. Aber die neu aufgerollt­e E-Mail-Affäre macht es schwer“, sagt Andreas und seine Frau ergänzt: „Ich überlege zu beten, dass Trump nicht Präsident wird.“Bei einem Punkt sind sich die Auslandsös­terreicher aber sicher. Ab dem 9. November, einen Tag nach der Wahl, wird Amerika ein anderes Land sein. Andreas: „Was mir Kopfzerbre­chen bereitet, ist, dass der Wahlkampf so polarisier­end war und das Land gespalten hat. Es sind Gräben da, die wir vorher in Amerika in dieser Form nicht hatten.“Ist eine Heilung möglich? „Sie ist wahrschein­lich. Die Amerikaner haben schon Schlimmere­s überstande­n. Aber es wird nicht einfach.“

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BILD: SN/APA/AFP/MANDEL NGAN Ein Politiker, der polarisier­t: Donald Trump.
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