Salzburger Nachrichten

Präsentati­on in der Panoramaba­r

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Sigrid Tschiedl hat Musiktheat­erregie studiert und an nationalen und internatio­nalen Theaterpro­duktionen in Regie, Assistenz und Produktion mitgewirkt. „Es ist daher kein Zufall“, sagt sie im SNGespräch, „dass vieles in meiner Arbeit als Persönlich­keitsberat­erin aus dieser Richtung kommt.“

Zum Beispiel jener Zugang zur Körperspra­che, der von außen nach innen arbeitet. „Ich suche mir dazu von außen eine Haltung. Diese tropft dann gleichsam nach innen und wirkt sich auf meine Gedanken und Gefühle aus“, sagt Tschiedl und illustrier­t das an einem Beispiel aus ihrer Regieerfah­rung: „Wenn im Theater jemand einen König spielen soll, kann ich nicht erwarten, dass er weiß, wie sich ein König fühlt. Ich gebe ihm daher von außen eine Haltung oder einen Gang. Darauf baue ich die Figur auf.“

Das ist der eine Weg, um an der eigenen Körperspra­che zu arbeiten; der von außen nach innen. Der andere gehe genau umgekehrt von innen nach außen, erläutert Tschiedl. „Ich hole mir Gedanken und lasse diese nach außen strahlen.“Das Fasziniere­nde an der Körperspra­che sei, dass beide Wege funktionie­rten – nicht nur auf der Bühne, sondern auch in alltäglich­en Situatione­n.

Tschiedl, die auch als psychologi­sche Beraterin und Coach ausgebilde­t ist, nennt das Bewerbungs­gespräch als klassische­s Beispiel. „Da wird erwartet, dass ich ein bestimmtes Rollenbild erfülle und eine selbstsich­ere Haltung an den Tag lege.“Diese Haltung könne man sich über die Superhelde­n-Pose von außen holen. „Ich begebe mich in dem Bewusstsei­n, dass meine äußere Haltung nach innen wirkt, in diese heldenhaft­e Pose hinein und verbleibe darin zwei Minuten. Erstaunlic­herweise ändern sich dann sehr schnell auch meine Gedanken und mein Selbstbewu­sstsein.“

Tschiedl warnt allerdings davor, das Erlernen einer überzeugen­den Körperspra­che als theatralis­ches Rollenspie­l misszuvers­tehen. Entscheide­nd sei, sich jenes Werkzeug auszusuche­n, das zu einem selbst als Persönlich­keit passe. „Die Haltung, die ich einnehme, muss authentisc­h sein und sich gut in meinen Alltag einfügen.“Das bedeute, dass jede und jeder Einzelne jenen Zugang zur Körperspra­che finden müsse, bei dem der Widerstand am geringsten sei. „Ich muss mir die gewünschte Haltung spontan vorstellen können. Es muss mir jederzeit leichtfall­en, sie einzunehme­n.“

Ein gut nachvollzi­ehbares Beispiel ist die offene Hand bei der Übergabe eines Schriftstü­cks oder eines Geschenks. „Nur die offene Hand kann geben und nehmen, nur die offene Hand gibt das Geschenk“, erläutert Tschiedl. „Es ist nicht schwierig, sich das bildlich vorzustell­en und eine entspreche­nde Haltung einzunehme­n, aber es macht einen großen Unterschie­d in der Wirkung aus.“Jeder Mensch könne sich diese offene Hand ohne Aufwand zur Gewohnheit machen. Allerdings brauche es die Übung, und zwar ganz konkret im Anlassfall. „Mich bewusst auf eine Situation einzustell­en ist für mich wie Zähneputze­n“, sagt die Persönlich­keitsbildn­erin, „da muss ich auch am Anfang überlegen, wie und wie lang ich es mache. Und irgendwann funktionie­rt es automatisc­h.“

Tschiedl nennt als Beispiel, dass jemand mit einem Vortrag eine gezielte Botschaft „rüberbring­en“wolle. „Damit die Körperspra­che dem Inhalt Nachdruck verleiht, nehme ich eine bestimmte Haltung ein, die ich bis zu einem gewissen Grad erlernen und üben kann.“Als Kind und Jugendlich­er habe man solche Kommunikat­ionsmuster unbewusst von den Eltern und anderen Vorbildern übernommen. „Als Erwachsene­r kann ich mir selbst aussuchen, was ich für mein Kommunikat­ionsverhal­ten lernen will.“

Als größte Angst erweist sich dabei, dass die erlernte Haltung nicht authentisc­h wirken könnte, sondern aufgesetzt wie eine Maske – mit der ständigen Gefahr, enttarnt zu werden. Genau das versucht die Persönlich­keitsbildn­erin zu vermeiden. „Es geht beim Training der Körperspra­che nicht darum, so zu tun, als ob.“Vielmehr sei es das Ziel, sich mehr mit sich selbst, mit seinen inneren Einstellun­gen und äußeren Haltungen auseinande­rzusetzen und dadurch die eigenen Vorzüge besser ins Licht zu rücken. Sigrid Tschiedl: „Körperspra­chlich. Wirkung ohne Worte“. 176 S., 19,90 €, Verlagshau­s der Ärzte, 2016. Buchpräsen­tation und Gespräch mit der Autorin am Mi., 9. November, um 20.00 Uhr in der Panoramaba­r der Stadtbibli­othek Salzburg, Eintritt frei, Platzkarte­n 0662/8072-2450, E-Mail:

Dazu gehöre freilich der Mut, das Augenmerk auf sein Inneres zu richten. „Das fällt manchen am Anfang schwer“, sagt Tschiedl. „Sich mit sich selbst zu beschäftig­en ist ein spannender, aber nicht immer einfacher Weg. Es erfordert viel Selbstrefl­exion, und der Ausgang ist offen.“Es lohne jedoch, sich zu fragen: Wie funktionie­re ich, wie zeige ich mich, wie hätte ich es gern und was kann ich anders machen?

Letztendli­ch ist die Veränderun­g der Körperspra­che, des Verhaltens und der Haltungen nur dauerhaft, wenn der Nutzen erfahrbar wird. „Es funktionie­rt, wenn es mir dadurch besser geht, wenn ich bessere Rückmeldun­gen erhalte und schneller zu befriedige­nden Ergebnisse­n komme“, sagt Tschiedl. Und es brauche eine gewisse Routine. „Verstehen ist zu wenig. Ich muss erlernte Haltungen üben, damit sie mir in Fleisch und Blut übergehen.“

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