Rat auf Draht für die Bürgermeister
Weil Anfeindungen in sozialen Medien und anonyme Anzeigen immer mehr werden, richtet der Gemeindebund eine Art Hotline für die Ortschefs ein. Am Ende der Leitung sitzt ein PR-Berater.
Ein ausgelassener Abend, ein Streit mit einer Kellnerin und ein falscher Satz, der im Dorf die Runde macht und zwei Monate später publik wird. Das wurde zuletzt dem St. Gilgener Ortschef zum Verhängnis, der mit Sexismusvorwürfen konfrontiert war. Nach einer Entschuldigung ist alles wieder aus der Welt geräumt. Aber das Beispiel zeigt, wie schnell der Ortschef ungewollt in den Mittelpunkt 2100 Gemeinden gibt es in Österreich, 119 sind es in Salzburg. Von den 2100 Bürgermeistern sind 151 weiblich. In Salzburg gibt es aktuell vier Bürgermeisterinnen.
Der jüngste Bürgermeister Österreichs ist mit 23 Jahren in der Gemeinde Eferding (Oberösterreich) tätig. Die jüngste Bürgermeisterin amtiert mit 29 Jahren ebenfalls in Oberösterreich – in Altmünster am Traunsee.
Der dienstälteste Ortschef Österreichs kommt aus Salzburg. Peter Nindl (66) steht seit 37 Jahren an der Spitze der Gemeinde Neukirchen – auch medialer Aufmerksamkeit – rückt.
Der Gemeindebund kommt den Ortschefs jetzt zu Hilfe. Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer (ÖVP) will ab Jahresbeginn eine Art Hotline einrichten. Unter der „Kummernummer“könnten alle Bürgermeister Österreichs Rat einholen. Am Ende der Leitung sitze ein Beratungsinstitut, das sich mit Medienanfragen und Kommunalpo- am Großvenediger. 70 bis 80 Prozent der Bürgermeister üben ihr Amt neben ihrem zivilen Beruf aus, nur 18 Prozent geben an, hauptberufliche Bürgermeister zu sein (Quelle: Bürgermeisterbefragung 2008).
Nur 42 Prozent geben an, dieses Amt aktiv angestrebt zu haben. 46 Prozent wurden dazu überredet bzw. sogar gedrängt. 94 Prozent der Bürgermeister glauben, dass es schwieriger werden wird, politischen Nachwuchs für dieses Amt zu gewinnen. Zwar wurden die Gehälter in den meisten Bundesländern zuletzt angehoben, die Haftungsfrage aber bleibt bestehen. litik auskenne. Bei juristischen Angelegenheiten würde der PRBerater die Juristen des Gemeindebundes beiziehen. Aktuell sei man noch in Verhandlungen mit Politberatungsunternehmen. Aber die Stoßrichtung sei klar – man müsse sich als Interessenvertretung stärken.
„Der Beruf des Bürgermeisters wird immer belastender. Man trifft im Amtsgeschäft spontan Entscheidungen von großer Tragweite, die schwer zu erklären sind und wo man in Stresssituationen ist“, sagt Mödlhammer. Aber auch der Umgang mit Medien überfordere viele Ortschefs – ein rasches Fernseh- oder Radiointerview, eine kurzfristige Einladung zu einer Sendung. „Die Bürgermeister sind ja keine Medienprofis. Wir wollen sie daher nicht ,reintapsen‘ lassen. Sie sollen authentisch bleiben, aber in der Sache entsprechend vorbereitet werden“, schildert der Gemeindebundpräsident.
Entsprechend häufen würden sich derzeit Anfeindungen in sozialen Netzwerken. „Da gibt es Kampagnen, die auch vor der Familie nicht halt machen. Da scheuen viele nicht zurück, die Hemmschwelle durch soziale Medien ist eben sehr gering geworden“, schildert Mödlhammer. Wenn der Bürgermeister von den Oppositionsparteien bis aufs Messer schikaniert werde, müsse man Mechanismen zum Selbstschutz entwickeln, sagt der Chef der Gemeinden.
Je näher ein Wahljahr rücke, umso häufiger seien Bürgermeister auch mit dem Phänomen
„Der politische Anstand nimmt ab. Da müssen wir uns wappnen.“
„Whistleblowing“– also anonymen Anzeigen – konfrontiert. „Der politische Anstand nimmt ab. Es ist fast nichts mehr heilig, auch nicht das Privatleben“, sagt Mödlhammer. Doch auch auf Situationen, wo Bürgermeister plötzlich vor dem Staatsanwalt stünden, könne man sich vorbereiten lassen. Daraus müsse man dann eben das Beste machen.
Kuchls Bürgermeister Andreas Wimmer (ÖVP) etwa kennt diese