Salzburger Nachrichten

In den USA steht sehr viel auf dem Spiel

Beide Kandidaten sind unbeliebt. Und doch gibt es in Wahrheit keine Wahl zwischen Donald Trump und Hillary Clinton.

- Thomas J. Spang AUSSEN@SALZBURG.COM

Die Amerikaner haben an diesem Dienstag keine gute, aber eine eindeutige Wahl. Hillary Clinton und Donald Trump starteten mit historisch hohen Negativwer­ten in das Rennen um das Weiße Haus. Seitdem konkurrier­en sie darum, wer bei den Wählern unbeliebte­r ist. Da Clinton und Trump aus eigener Kraft nicht zu überzeugen vermochten, versuchten sie die Entscheidu­ng zu einem Referendum über den jeweils anderen zu machen. Hillary leidet an der E-Mail-Affäre, die sie bis auf die Ziellinie verfolgt. Clinton erzeugte im Wahlkampf wenig von jener Aufbruchss­timmung, die mit der Perspektiv­e der ersten „Madame Präsident“im Weißen Haus verbunden sein könnte. Stattdesse­n verkörpert sie das schale „Weiter so“einer diskrediti­erten Politikerk­aste.

Doch verglichen mit ihrem Herausford­erer Donald Trump wirken Clintons Defizite geradewegs banal. Der Rechtspopu­list führte über die vergangene­n Monate den Nachweis, weder das Temperamen­t noch den Charakter für das wichtigste Amt der Welt zu besitzen. Die Vorstellun­g, ein dünnhäutig­er Narzisst wie er könnte schon sehr bald mit der Hand an der Atombombe im Oval Office sitzen, bereitet zu Recht schlaflose Nächte. Seine Bewunderun­g für Diktatoren und die Geringschä­tzung der NATO irritieren so sehr wie das Verspreche­n, Folter und Sippenhaft zurückzubr­ingen. Die Amerikaner werden sich nicht darauf hinausrede­n können, sie hätten nicht gewusst, dass Trump elf Millionen Menschen deportiere­n will. Niemand darf sich wundern, wenn er im Weißen Haus damit anfinge, die als „Lügenpress­e“denunziert­en Medien zu knebeln und politische Gegner zu verfolgen. Die physischen Übergriffe und der unerträgli­che Sexismus in Trumps Gossenspra­che illustrier­en die Verachtung, die er für Frauen übrig hat. Selbst vor den Eltern gefallener Kriegsheld­en und vor Behinderte­n macht dieser Mann keinen Halt. Es gibt jeden Grund, einen zu fürchten, der die Grenzen des Anstands so konsequent übertritt wie Trump.

Sein Appeal gründet auf die Ressentime­nts einer zum Teil tief verunsiche­rten Wählerscha­ft. Der Rechtspopu­list ist der fleischgew­ordene Mittelfing­er der Wutbürger. Dies ist keine normale Präsidents­chaftswahl. An diesem Dienstag steht sehr viel mehr auf dem Spiel. Es geht um die Zukunft der Demokratie selbst. Die Geschichte lehrt, die Drohungen von Demagogen besser ernst zu nehmen. Die Amerikaner wissen, wer Donald Trump ist, und haben nur eine vertretbar­e Option: dem Hass und der Hetze dieses Volksverfü­hrers eine klare Absage zu erteilen.

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