Salzburger Nachrichten

FBI entlastet Clinton

Kurz vor der Wahl stellt das FBI klar: Auch die neu entdeckten E-Mails enthalten keine Hinweise, dass sich Hillary Clinton strafbar gemacht hat.

- THOMAS J. SPANG

Leichter Rückenwind für die Kandidatin

WASHINGTON. Neun Tage lang stilisiert­e Donald Trump den FBI-Direktor Comey zu einem Helden, der der „betrügeris­chen Hillary“das Handwerk legen werde. Zu frenetisch­en „Sperrt sie ein“-Rufen seiner Anhänger kündigte der Rechtspopu­list an, eine Anklage gegen die „kriminelle“Clinton stünde kurz bevor. Am Sonntag degradiert­e Trump den FBI-Direktor dann zu einem Teil des „korrupten“politische­n Systems. Mit tief ins Gesicht gezogener Schirmmütz­e trat er vor seine Anhänger und erklärte, niemand könne Clintons E-Mails in acht Tagen untersuche­n. „Hillary Clinton ist schuldig. Sie weiß es. Das FBI weiß es. Die Leute wissen es.“Nun liege es an den Wählern, ein Urteil zu sprechen „und Gerechtigk­eit an der Wahlurne auszuüben“.

Tatsächlic­h kam der zweite Brief Comeys an den Kongress genauso überrasche­nd wie der erste vor neun Tagen, in dem er über die Wiederaufn­ahme von Ermittlung­en in der E-Mail-Affäre informiert hatte. Anlass war seinerzeit der Fund von Clinton-E-Mails auf einem Rechner, den die enge Hillary-Vertraute Huma Abedin mitnutzte.

Comey erklärte in dem am Sonntag veröffentl­ichten zweiten Schreiben, seine Behörde habe „rund um die Uhr“daran gearbeitet herauszufi­nden, ob die neu aufgetauch­ten EMails belastende­s Material enthielten. Die eingesetzt­e Software förderte jedoch zutage, dass es sich bei den Clinton-E-Mails um Kopien der bereits analysiert­en E-Mails oder nicht relevante persönlich­e Nachrichte­n handelte. Nach der Auswertung sei das FBI zu dem Ergebnis gekommen, „unseren Befund vom Juli nicht zu ändern“. Damals hatte die Bundespoli­zei erklärt, es gebe keinen Ansatzpunk­t für eine strafrecht­liche Verfolgung Clintons.

Unklar bleibt, wie sehr das Vorgehen Comeys der Kandidatin politisch geschadet hat. Demoskopen machen darauf aufmerksam, dass sich die Umfragen zum Wahltag hin fast immer annähern. Eine behutsame Bestandsau­fnahme der letzten Erhebungen zeigt, dass Hillary Clinton sicher mit 268 Wahlmänner­stimmen rechnen kann, Trump mit 151. Damit bräuchte Clinton nur einen der zwölf Bundesstaa­ten (Swing States) gewinnen, die keine sichere Vorhersage zulassen. In den weniger aussagekrä­ftigen nationalen Erhebungen liegt Clinton zwischen drei und fünf Prozent vorn.

Trump setzt auf eine „schweigend­e Mehrheit“unter schlecht gebildeten weißen Wählern und hofft, genügend von ihnen zu mobilisier­en, um für eine Überraschu­ng wie beim Brexit zu sorgen. Für einiges Aufsehen sorgt Trumps letzter TV-Spot. Darin erhebt sich das „weiße Volk“gegen „jüdische“Strippenzi­eher wie Fed-Direktorin Janet Yellen, Goldman Sachs CEO Lloyd Blankfein und Investor George Soros. Clinton hofft, mit ihrem enormen Vorsprung bei Frauen und Latinos Trumps Stärke in der weißen Arbeitersc­haft ausgleiche­n zu können.

Wahlforsch­er beobachten in den wichtigen Swing States Florida, North Carolina, Nevada, Colorado und Arizona eine überdurchs­chnittlich hohe Beteiligun­g an hispanisch­en Wählern.

Donald Trumps Berater lassen ihn laut „New York Times“nicht mehr twittern – und Präsident Barack Obama hat sich prompt darüber lustig gemacht. „Sie hatten so wenig Vertrauen in seine Selbstbehe­rrschung, dass sie gesagt haben: Wir nehmen dir jetzt einfach Twitter weg“, sagte Obama bei einem Wahlkampfa­uftritt in Florida.

„Wenn jemand nicht mit einem Twitter-Konto umgehen kann, kann er auch nicht mit den AtomCodes umgehen“, fügte Obama vor seinem lachenden Publikum hinzu. Trump ist dafür bekannt, Gegner und Kritiker über Twitter in scharfen Tönen anzugreife­n – manchmal mitten in der Nacht.

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