FBI entlastet Clinton
Kurz vor der Wahl stellt das FBI klar: Auch die neu entdeckten E-Mails enthalten keine Hinweise, dass sich Hillary Clinton strafbar gemacht hat.
Leichter Rückenwind für die Kandidatin
WASHINGTON. Neun Tage lang stilisierte Donald Trump den FBI-Direktor Comey zu einem Helden, der der „betrügerischen Hillary“das Handwerk legen werde. Zu frenetischen „Sperrt sie ein“-Rufen seiner Anhänger kündigte der Rechtspopulist an, eine Anklage gegen die „kriminelle“Clinton stünde kurz bevor. Am Sonntag degradierte Trump den FBI-Direktor dann zu einem Teil des „korrupten“politischen Systems. Mit tief ins Gesicht gezogener Schirmmütze trat er vor seine Anhänger und erklärte, niemand könne Clintons E-Mails in acht Tagen untersuchen. „Hillary Clinton ist schuldig. Sie weiß es. Das FBI weiß es. Die Leute wissen es.“Nun liege es an den Wählern, ein Urteil zu sprechen „und Gerechtigkeit an der Wahlurne auszuüben“.
Tatsächlich kam der zweite Brief Comeys an den Kongress genauso überraschend wie der erste vor neun Tagen, in dem er über die Wiederaufnahme von Ermittlungen in der E-Mail-Affäre informiert hatte. Anlass war seinerzeit der Fund von Clinton-E-Mails auf einem Rechner, den die enge Hillary-Vertraute Huma Abedin mitnutzte.
Comey erklärte in dem am Sonntag veröffentlichten zweiten Schreiben, seine Behörde habe „rund um die Uhr“daran gearbeitet herauszufinden, ob die neu aufgetauchten EMails belastendes Material enthielten. Die eingesetzte Software förderte jedoch zutage, dass es sich bei den Clinton-E-Mails um Kopien der bereits analysierten E-Mails oder nicht relevante persönliche Nachrichten handelte. Nach der Auswertung sei das FBI zu dem Ergebnis gekommen, „unseren Befund vom Juli nicht zu ändern“. Damals hatte die Bundespolizei erklärt, es gebe keinen Ansatzpunkt für eine strafrechtliche Verfolgung Clintons.
Unklar bleibt, wie sehr das Vorgehen Comeys der Kandidatin politisch geschadet hat. Demoskopen machen darauf aufmerksam, dass sich die Umfragen zum Wahltag hin fast immer annähern. Eine behutsame Bestandsaufnahme der letzten Erhebungen zeigt, dass Hillary Clinton sicher mit 268 Wahlmännerstimmen rechnen kann, Trump mit 151. Damit bräuchte Clinton nur einen der zwölf Bundesstaaten (Swing States) gewinnen, die keine sichere Vorhersage zulassen. In den weniger aussagekräftigen nationalen Erhebungen liegt Clinton zwischen drei und fünf Prozent vorn.
Trump setzt auf eine „schweigende Mehrheit“unter schlecht gebildeten weißen Wählern und hofft, genügend von ihnen zu mobilisieren, um für eine Überraschung wie beim Brexit zu sorgen. Für einiges Aufsehen sorgt Trumps letzter TV-Spot. Darin erhebt sich das „weiße Volk“gegen „jüdische“Strippenzieher wie Fed-Direktorin Janet Yellen, Goldman Sachs CEO Lloyd Blankfein und Investor George Soros. Clinton hofft, mit ihrem enormen Vorsprung bei Frauen und Latinos Trumps Stärke in der weißen Arbeiterschaft ausgleichen zu können.
Wahlforscher beobachten in den wichtigen Swing States Florida, North Carolina, Nevada, Colorado und Arizona eine überdurchschnittlich hohe Beteiligung an hispanischen Wählern.
Donald Trumps Berater lassen ihn laut „New York Times“nicht mehr twittern – und Präsident Barack Obama hat sich prompt darüber lustig gemacht. „Sie hatten so wenig Vertrauen in seine Selbstbeherrschung, dass sie gesagt haben: Wir nehmen dir jetzt einfach Twitter weg“, sagte Obama bei einem Wahlkampfauftritt in Florida.
„Wenn jemand nicht mit einem Twitter-Konto umgehen kann, kann er auch nicht mit den AtomCodes umgehen“, fügte Obama vor seinem lachenden Publikum hinzu. Trump ist dafür bekannt, Gegner und Kritiker über Twitter in scharfen Tönen anzugreifen – manchmal mitten in der Nacht.