Salzburger Nachrichten

Finanzausg­leich

Die neue Geldvertei­lungsmasch­ine zwischen Bund, Ländern und Gemeinden bringt mehr Neuerungen als gedacht. Die Länder bekommen zusätzlich­e Mittel, müssen sich dafür aber zu einigen Reformen verpflicht­en.

- ALEXANDER PURGER

WIEN. Allseits lachende Gesichter gab es am Montag nach dem Abschluss der Verhandlun­gen über den neuen Finanzausg­leich. Er regelt für die kommenden fünf Jahre die Verteilung der Steuereinn­ahmen auf Bund, Länder und Gemeinden. Das wundersame Ergebnis lautet: Alle bekommen, was sie wollten. Länder und Gemeinden erhalten mehr Geld. Der Bund erhielt dafür Zusagen für lange vergeblich verlangte Reformen.

Hier die wichtigste­n Punkte des Finanzausg­leichs 2017–2021.

1. 300 Millionen Euro mehr für die Länder

Die Bundesländ­er erhalten durch den neuen Finanzausg­leich um 300 Millionen Euro pro Jahr mehr (gefordert hatten sie 500 Mill. Euro). Ein Drittel der Summe, nämlich 106 Mill. Euro, geht an die Gemeinden. Davon fließen 60 Mill. Euro pro Jahr in einen Fonds für finanzschw­ache und von Abwanderun­g betroffene Gemeinden. Weiters erhalten die Kommunen zusätzlich­e Mittel für Kanalbau und Wasserwirt­schaft. Wie Gemeindebu­ndpräsiden­t Helmut Mödlhammer sagte, bekommen alle österreich­ischen Gemeinden durch den Finanzausg­leich mehr Geld.

2. Abgeltung der Kosten der Migrations­krise

Zusätzlich erhalten die Länder vom Bund eine Einmalzahl­ung in Höhe von 125 Mill. Euro, mit der die Kosten der Migrations­welle abgegolten werden sollen. Von dieser Summe gehen 37 Mill. Euro an die Gemeinden, und zwar an all jene, die Flüchtling­e aufgenomme­n haben.

3. Kleine Steuerauto­nomie beim Wohnbaubei­trag

Einen Einstiegsv­ersuch gibt es in die Steuerauto­nomie der Länder. Die Bundesländ­er können den Wohnbauför­derungsbei­trag künftig selbst festlegen. Er kann also von Land zu Land unterschie­dlich hoch sein. Dadurch soll getestet werden, wie sich ein Steuerwett­bewerb zwischen den Ländern auswirkt. In Salzburg ist vorerst keine Änderung des Wohnbauför­derungsbei­trags geplant, wie Landesfina­nzreferent Christian Stöckl sagt. Im Gegenzug zu diesem Schritt zu mehr Föderalism­us wurde eine bundeseinh­eitliche Bauordnung vereinbart. Die neun unterschie­dlichen Bauordnung­en sollen der Vergangenh­eit angehören. Die Wohnbauför­derung wird wieder zweckgebun­den.

4. Kleine Abkehr vom Bevölkerun­gsschlüsse­l

Einen Einstiegsv­ersuch gibt es auch in eine aufgabenor­ientierte Mittelvert­eilung. Ab 2018 sollen die Mittel für die Kindergärt­en nicht mehr nach der Bevölkerun­gszahl verteilt werden, sondern an die Erfüllung von Kriterien geknüpft werden. Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling nannte unter anderem die Gruppengrö­ße und die Öffnungsze­iten der Kindergärt­en. Ab 2019 soll dieses Modell auch bei den Mitteln für die Nachmittag­sbetreuung in den Schulen angewendet werden.

5. Länder müssen sich miteinande­r vergleiche­n

Neu eingeführt wird ein „Benchmark-System“. Von Land zu Land soll verglichen werden, wie hoch beispielsw­eise die Verwaltung­skosten einer Bezirkshau­ptmannscha­ft sind oder wie teuer ein Akutbett in einem Spital ist. Aus diesem Vergleich sollen dann Maßnahmen zur Kostensenk­ung abgeleitet werden. Dass sich die Länder zu diesem Kostenverg­leich bereit erklärt haben, bezeichnet­e Oberösterr­eichs Landeshaup­tmann Josef Pühringer wörtlich als „sensatione­ll“. Bereit erklärt haben sich die Länder auch, ihre Förderunge­n teilweise offenzuleg­en. Das war eine Forderung Schellings gewesen. Begonnen werden soll mit den Förderunge­n in den Bereichen Energie und Umwelt.

6. Haftungsob­ergrenzen und Spekulatio­nsverbot

Der neue Finanzausg­leich enthält auch ein Spekulatio­nsverbot sowie Haftungsob­ergrenzen. Für Bund und Länder gilt, dass Haftungen bis zu 175 Prozent der Netto-Einnahmen möglich sind, bei Gemeinden bis zu 75 Prozent.

7. „Kostendämp­fung“bei Gesundheit und Pflege

Für die Bereiche Gesundheit und Pflege wurde ein „Kostendämp­fungspfad“vereinbart. Die Ausgaben sollen langsamer steigen als bisher. Den steigenden Pflegekost­en wird durch eine Valorisier­ung des Pflegefond­s Rechnung getragen. Mehr Geld (18 Mill. Euro) fließt endlich auch in den Ausbau der Hospiz- und Palliativv­ersorgung. Der Selbstbeha­lt für Kinder in Spitälern wird abgeschaff­t.

Weitere Detailrege­lungen: Es wird ein Fonds zum Bau sicherer Eisenbahnk­reuzungen mit jährlich 9,6 Mill. Euro eingericht­et. Und bis Mitte 2017 wird eine Reform der Grundsteue­r angestrebt.

Die Reaktionen auf den neuen Finanzausg­leich fielen unterschie­dlich aus. Schelling und die Länder wie auch die Gemeinden sind zufrieden, so auch Salzburgs Landesfina­nzreferent Christian Stöckl. Salzburg wird durch den neuen Finanzausg­leich um neun Millionen Euro mehr pro Jahr erhalten, wie er sagte. Kritisch äußerte sich die Opposition. Ihr enthält der Finanzausg­leich zu wenig Reformen. Schelling sei vor den „Fürsten der Finsternis“in die Knie gegangen, formuliert­en etwa die Neos.

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BILD: SN/APA/ROLAND SCHLAGER Die Unterzeich­nung des neuen Finanzausg­leichs. Bund, Länder und Gemeinden wirken erfreut.

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