Finanzausgleich
Die neue Geldverteilungsmaschine zwischen Bund, Ländern und Gemeinden bringt mehr Neuerungen als gedacht. Die Länder bekommen zusätzliche Mittel, müssen sich dafür aber zu einigen Reformen verpflichten.
WIEN. Allseits lachende Gesichter gab es am Montag nach dem Abschluss der Verhandlungen über den neuen Finanzausgleich. Er regelt für die kommenden fünf Jahre die Verteilung der Steuereinnahmen auf Bund, Länder und Gemeinden. Das wundersame Ergebnis lautet: Alle bekommen, was sie wollten. Länder und Gemeinden erhalten mehr Geld. Der Bund erhielt dafür Zusagen für lange vergeblich verlangte Reformen.
Hier die wichtigsten Punkte des Finanzausgleichs 2017–2021.
1. 300 Millionen Euro mehr für die Länder
Die Bundesländer erhalten durch den neuen Finanzausgleich um 300 Millionen Euro pro Jahr mehr (gefordert hatten sie 500 Mill. Euro). Ein Drittel der Summe, nämlich 106 Mill. Euro, geht an die Gemeinden. Davon fließen 60 Mill. Euro pro Jahr in einen Fonds für finanzschwache und von Abwanderung betroffene Gemeinden. Weiters erhalten die Kommunen zusätzliche Mittel für Kanalbau und Wasserwirtschaft. Wie Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer sagte, bekommen alle österreichischen Gemeinden durch den Finanzausgleich mehr Geld.
2. Abgeltung der Kosten der Migrationskrise
Zusätzlich erhalten die Länder vom Bund eine Einmalzahlung in Höhe von 125 Mill. Euro, mit der die Kosten der Migrationswelle abgegolten werden sollen. Von dieser Summe gehen 37 Mill. Euro an die Gemeinden, und zwar an all jene, die Flüchtlinge aufgenommen haben.
3. Kleine Steuerautonomie beim Wohnbaubeitrag
Einen Einstiegsversuch gibt es in die Steuerautonomie der Länder. Die Bundesländer können den Wohnbauförderungsbeitrag künftig selbst festlegen. Er kann also von Land zu Land unterschiedlich hoch sein. Dadurch soll getestet werden, wie sich ein Steuerwettbewerb zwischen den Ländern auswirkt. In Salzburg ist vorerst keine Änderung des Wohnbauförderungsbeitrags geplant, wie Landesfinanzreferent Christian Stöckl sagt. Im Gegenzug zu diesem Schritt zu mehr Föderalismus wurde eine bundeseinheitliche Bauordnung vereinbart. Die neun unterschiedlichen Bauordnungen sollen der Vergangenheit angehören. Die Wohnbauförderung wird wieder zweckgebunden.
4. Kleine Abkehr vom Bevölkerungsschlüssel
Einen Einstiegsversuch gibt es auch in eine aufgabenorientierte Mittelverteilung. Ab 2018 sollen die Mittel für die Kindergärten nicht mehr nach der Bevölkerungszahl verteilt werden, sondern an die Erfüllung von Kriterien geknüpft werden. Finanzminister Hans Jörg Schelling nannte unter anderem die Gruppengröße und die Öffnungszeiten der Kindergärten. Ab 2019 soll dieses Modell auch bei den Mitteln für die Nachmittagsbetreuung in den Schulen angewendet werden.
5. Länder müssen sich miteinander vergleichen
Neu eingeführt wird ein „Benchmark-System“. Von Land zu Land soll verglichen werden, wie hoch beispielsweise die Verwaltungskosten einer Bezirkshauptmannschaft sind oder wie teuer ein Akutbett in einem Spital ist. Aus diesem Vergleich sollen dann Maßnahmen zur Kostensenkung abgeleitet werden. Dass sich die Länder zu diesem Kostenvergleich bereit erklärt haben, bezeichnete Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer wörtlich als „sensationell“. Bereit erklärt haben sich die Länder auch, ihre Förderungen teilweise offenzulegen. Das war eine Forderung Schellings gewesen. Begonnen werden soll mit den Förderungen in den Bereichen Energie und Umwelt.
6. Haftungsobergrenzen und Spekulationsverbot
Der neue Finanzausgleich enthält auch ein Spekulationsverbot sowie Haftungsobergrenzen. Für Bund und Länder gilt, dass Haftungen bis zu 175 Prozent der Netto-Einnahmen möglich sind, bei Gemeinden bis zu 75 Prozent.
7. „Kostendämpfung“bei Gesundheit und Pflege
Für die Bereiche Gesundheit und Pflege wurde ein „Kostendämpfungspfad“vereinbart. Die Ausgaben sollen langsamer steigen als bisher. Den steigenden Pflegekosten wird durch eine Valorisierung des Pflegefonds Rechnung getragen. Mehr Geld (18 Mill. Euro) fließt endlich auch in den Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung. Der Selbstbehalt für Kinder in Spitälern wird abgeschafft.
Weitere Detailregelungen: Es wird ein Fonds zum Bau sicherer Eisenbahnkreuzungen mit jährlich 9,6 Mill. Euro eingerichtet. Und bis Mitte 2017 wird eine Reform der Grundsteuer angestrebt.
Die Reaktionen auf den neuen Finanzausgleich fielen unterschiedlich aus. Schelling und die Länder wie auch die Gemeinden sind zufrieden, so auch Salzburgs Landesfinanzreferent Christian Stöckl. Salzburg wird durch den neuen Finanzausgleich um neun Millionen Euro mehr pro Jahr erhalten, wie er sagte. Kritisch äußerte sich die Opposition. Ihr enthält der Finanzausgleich zu wenig Reformen. Schelling sei vor den „Fürsten der Finsternis“in die Knie gegangen, formulierten etwa die Neos.