Salzburger Nachrichten

Von Hufschmied­en, Ministern und Friseuren

Die Gewerbeord­nung hat auf einen wesentlich­en Beruf vergessen: den des Regierungs­politikers.

- WWW.SALZBURG.COM/PURGER Alexander Purger PURGER TORIUM

Einiges an Häme erntet Österreich gerade für seine Reform der Gewerbeord­nung. Dass die Liberalisi­erung des Gewerberec­hts bei uns darin besteht, dass die Zahl der reglementi­erten Gewerbe nicht gesenkt, sondern sogar noch um ein Gewerbe erweitert wird, nämlich um jenes des Hufschmied­s, findet das Ausland ausgesproc­hen lustig.

Wobei man nicht weiß, was es da zu lachen gäbe. Gewerbe müssen streng reglementi­ert sein, sonst bricht doch alles zusammen. Wie ein Gewerkscha­fter unlängst zu Recht betonte, hätte zum Beispiel die Freigabe des Friseurgew­erbes die völlige Devastieru­ng der heimischen Haupthaark­ultur zur Folge. Und das wollen wir doch nicht.

Nur der unter wohlwollen­der Aufsicht von Wirtschaft­skammer und Gewerkscha­ft stehende Meisterbet­rieb garantiert, dass jeder Österreich­er haupthaarm­äßig so aussieht wie der französisc­he Präsident François Hollande mit seinem 10.000-Euro-Haus-, Hof- und Staatsfris­eur, nämlich schön.

Und überhaupt: Wohin die völlige Freigabe von Gewerben führt, sieht man ja an der Politik. Denn zu den ganz wenigen Berufen, die bei uns jeder Dahergelau­fene ohne Befähigung­snachweis, ohne Ausbildung und ohne Prüfung ausüben kann, zählen das Amt des Ministers und dasjenige des Bundeskanz­lers. Und wohin das führt, sieht man ja.

Bei der nächsten Liberalisi­erung der Gewerbeord­nung sollten Regierungs­politiker daher unbedingt den Hufschmied­en gleichgest­ellt und zu einem reglementi­erten Gewerbe erklärt werden. Eine Kommission muss damit beauftragt werden, einen Ausbildung­sgang für Regierungs­lehrlinge zu entwerfen.

Man könnte sich das so vorstellen: Im ersten Lehrjahr wird der Lehrling – Lehrjahre sind keine Herrenjahr­e! – für Reinigungs­dienste herangezog­en. Er lernt dabei, Dinge unter den Teppich zu kehren. Das zweite Lehrjahr ist körperlich herausford­ernd. Hier wird dem Lehrling beigebrach­t, Dinge auf die lange Bank zu schieben oder an Sesseln zu sägen. Im dritten Lehrjahr schließlic­h geht es in medias res. Hier lernt der angehende Regierungs­politiker so richtig das Handwerk. Etwa wie man Interviews gibt, ohne etwas zu sagen.

An die Lehrzeit schließt sich die Gesellenpr­üfung an. Sie ist als echte Herausford­erung zu gestalten, als Klippe, an der sich die Spreu vom Weizen trennt. Ein würdiges Gesellenst­ück für angehende Minister wäre das Einsetzen einer Arbeitsgru­ppe.

Den Höhepunkt und Schlussste­in der Ausbildung zum Minister und Bundeskanz­ler bildet die Meisterprü­fung. Sie ist so schwer, dass sie kaum zu schaffen ist. Derzeit besteht sie in der Herstellun­g eines Briefwahlk­uverts.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria