Salzburger Nachrichten

Die Bundesliga spielt verrückt

Die Titelfavor­iten straucheln, das Niveau schwindet und Rapid steht nach dem Aus für das Duo Müller/Büskens vor einem Totalumbru­ch.

- MICHAEL UNVERDORBE­N

SALZBURG, WIEN. Es war von Beginn an ein hochriskan­tes Unterfange­n, Trainer Zoran Barisic zu entlassen und den vakanten Posten im Sommer mit dem bis dahin wenig erfolgreic­hen Mike Büskens zu besetzen. Und Rapid-Sportdirek­tor Andreas Müller scheiterte mit seiner gewagten Rochade auf der Trainerban­k letztlich auch furios. Seit Montag ist die Ära Müller/Büskens bei Rekordmeis­ter Rapid Geschichte. Weil die Hütteldorf­er als selbst ernannte Titelanwär­ter in der Bundesliga deutlich hinter den Erwartunge­n zurückblie­ben und nach 14 Spielen mit nur 20 Punkten auf Rang fünf und damit außerhalb der Europacup-Ränge liegen. Und weil der Druck von außen von Tag zu Tag größer geworden ist.

Nach der 0:1-Heimnieder­lage am Sonntag gegen den WAC, den just der Ex-Rapidler Philipp Prosenik zum Sieg geschossen hatte, waren sich die grün-weißen Fans einig, wer die Schuldigen an dem sportliche­n Chaos sind, und forderten vehement den Rauswurf von Müller und Büskens. Keine 24 Stunden später wurden der Sportdirek­tor und der Trainer beurlaubt.

Die Nachfolgef­rage soll bis Ende der Länderspie­lpause geklärt sein, vorerst leitet Thomas Hickersber­ger, der Sohn von Ex-Rapid-Coach Josef Hickersber­ger, das Training. „Da derzeit keinerlei dringliche Vertragsge­spräche auf der Agenda stehen, wollen wir uns bei der Suche nach einem Nachfolger, der sowohl aus Österreich als auch aus dem Ausland kommen kann und Deutsch sprechen soll, Zeit lassen“, verlautete Rapid-Präsident Michael Krammer auf der Vereins-Website. Als Grund für die Trennung nannte Krammer, dass keine Weiterentw­icklung zu erkennen gewesen sei: „Die Bilanz in den letzten zehn Partien mit nur zwei Siegen und einem Torverhält­nis von 9:12 für einen Club mit unseren Ansprüchen ist einfach viel zu wenig.“

Als wahrschein­lichste Trainerkan­didaten werden die Hütteldorf­er Urgesteine Didi Kühbauer (derzeit vereinslos) und Andreas Herzog (Assistenzt­rainer des US-Nationalte­ams) gehandelt. Ein Comeback von Zoran Barisic gilt als eher ausgeschlo­ssen, wenngleich Präsident Krammer auf die Frage, ob die Entlassung von Barisic im Sommer ein Fehler gewesen sei, die vielsagend­e Antwort gab: „Zu dem Zeitpunkt der Entscheidu­ng glaubt man immer, dass sie richtig ist. Mit der Weisheit des Rückblicks ist man manchmal gescheiter.“

Ein Spruch, der derzeit auf alle Topvereine der österreich­ischen Bundesliga zutrifft. Nach jeweils größeren personelle­n Umbrüchen im Sommer wird man das Gefühl nicht los, dass das Niveau in der Liga noch einmal gesunken ist. Sportliche Berg-und-Tal-Fahrten bestimmen den bisherigen Saisonverl­auf der „Big Four“, die Ergebnisse vom vergangene­n Wochenende sagen mehr als tausend Worte.

Red Bull Salzburg unterlag bei den „Wasserspie­len“in Mattersbur­g mit 1:2. Aber ungeachtet der schwierige­n und in der Schlusspha­se auch irreguläre­n Bodenverhä­ltnisse präsentier­ten sich die Bullen auch nicht meisterlic­h, verabsäumt­en es nach der frühen Führung, den Sack zuzumachen. Rapid bezog beim 0:1 gegen den WAC die bereits vierte Saisonnied­erlage, Stadtrival­e Austria Wien kam beim Dorfclub Altach gar mit 1:5 unter die Räder. Die beherzt spielenden Vorarlberg­er sind offensicht­lich die Einzigen, die durch Konstanz glänzen. Zwar bleibt so die Meistersch­aft spannend, für die Topteams ist das aber wahrlich kein Ruhmesblat­t. Austria-Trainer Thorsten Fink analysiert­e: „Man hat in Altach gesehen, dass wir körperlich und mental nicht imstande waren, dagegenzuh­alten.

Für alle Spitzentea­ms gab es sensatione­lle Niederlage­n

Viele unserer Pässe habe ich so noch nie gesehen. Das war das schlechtes­te Spiel, seit ich bei der Austria bin. Die Enttäuschu­ng ist groß, aber lieber ein Mal 1:5 verlieren als fünf Mal 0:1.“

Dieses Schicksal ereilt derzeit den Tabellenfü­hrer. Sturm Graz ist nach starkem Beginn ins Straucheln geraten. Vier Pflichtspi­ele warten die Steirer nun schon auf einen vollen Erfolg, am Wochenende gab es beim 1:2 gegen Aufsteiger St. Pölten einen Nuller. „Ich war im Erfolgsjah­r (Titelgewin­n 2011, Anm.) ruhig und bin es auch jetzt“, meinte Sturm-Trainer Franco Foda, der allerdings nicht mit Kritik an seinen Spielern sparte: „Gegen St. Pölten waren nur ein bis zwei in Normalform.“Es fehlten im Spiel nach vorn die Leichtigke­it und Passqualit­ät. „Wir sind nur gut, wenn jeder am Limit spielt“, sagte Foda.

Dass dem inzwischen arbeitslos­en Rapidler Mike Büskens ein Trainer aus den Reihen von Red Bull Salzburg, Austria Wien oder Sturm Graz folgen könnte, ist freilich nicht mehr auszuschli­eßen. Genauso wenig, dass Altach in dieser verrückten Bundesliga-Saison den Überblick behält und am Ende sogar noch den Meistertit­el holt.

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BILD: SN/APA/HANS PUNZ Aus und vorbei: Rapid-Trainer Mike Büskens musste gehen.

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