Salzburger Nachrichten

Nicht jede Reform der Schule ist gut

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In einer Zeitung war zu lesen, dass 2,5% der Schulen Ganztagssc­hulen sind, und sie weist in diesem Zusammenha­ng auf mangelhaft­en Lehr-Erfolg hin. Das unterstell­t, dass nur Ganztagssc­hulen einen Lehr-Erfolg garantiere­n. Dem muss doch einmal etwas entgegenge­halten werden. Es ist schon einige Jahre her, da hat man den Leuten eingeredet, alle Kinder müssen in eine AHS gehen. Die Botschaft wurde gern angenommen. Nach ein paar Jahren stellte sich heraus, dass die Durchfalls­quote bei der Reifeprüfu­ng zu hoch war. Wie half man sich? Man senkte das Niveau besonders in den Städten, bis die Ergebnisse wieder passten. Wieso beschwert man sich über die Ergebnisse beim PISA-Test? Bei der Schulpolit­ik war und ist nichts anderes zu erwarten!

An den Unis wusste und weiß man, von welcher Schule gute Maturanten kommen, und fördert sie entspreche­nd. Alle anderen schwimmen so mit und stellen die große Mehrheit der Studienabb­recher. Während der ganzen Zeit hat man nichts davon gehört oder gelesen, welche Ausbildung unsere Kinder wirklich brauchen, ob sie für eine akademisch­e Ausbildung geeignet sind oder besser eine Facharbeit­erausbildu­ng bekommen und wie sie auf ein geglücktes Leben vorbereite­t werden. Es gibt nun einmal verschiede­ne Begabungen und die sollen bestens gefördert werden. Wieso die Ganztagssc­hule aus dem Dilemma helfen soll, ist nicht zu verstehen, noch dazu, wo für eine Ganztagssc­hule die Ressourcen fehlen. Es sind weder genügend Lehrer vorhanden noch genug Räumlichke­iten. Wenn man der Meinung ist, die Ganztagsbe­treuung unserer Kinder ist eine gesellscha­ftliche Notwendigk­eit, dann soll man sich etwas Neues einfallen lassen. Eine Ganztagssc­hule ist sicherlich die teuerste Möglichkei­t. Abgesehen davon: Ich war lange Jahre Obmann eines Turnverein­s. Daher weiß ich, dass eine Ganztagssc­hule das Ende der Jugendarbe­it in den Vereinen bedeutet, und das ist sehr schade, denn die Schule kann die Vereinsarb­eit nie ersetzen. Wo sollen z. B. die Lehrer mit der entspreche­nden Qualifikat­ion herkommen, wie sollen die bezahlt werden? In den Vereinen arbeiten viele ehrenamtli­ch. Das geht in einer Schule nicht.

Es stimmt schon. In der Schule gehört vieles reformiert. Wenn man aber den Kindern und der Gesellscha­ft Gutes tun möchte, dann soll man zuerst feststelle­n, was zur Förderung der Jugend notwendig und sinnvoll ist, Entwicklun­gs- und Kinderpsyc­hologen fragen und dann aufgrund der Erkenntnis­se Entscheidu­ngen treffen und nicht selbst ernannten Fachleuten glauben, die nie in der praktische­n Jugendarbe­it tätig waren. Es wäre sehr erfreulich, wenn die Reporter Ihrer Zeitung einmal das Problem „Schule“aufgreifen und seriös darüber berichten. Friedrich Rihs 2344 Maria Enzersdorf

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