Salzburger Nachrichten

Plagiat: Politiker unter Druck

Dem steirische­m Wirtschaft­slandesrat Christian Buchmann droht die Aberkennun­g seines im Jahr 2000 erlangten Doktortite­ls. ÖVP-Politiker hat sechs Wochen Zeit für eine Stellungna­hme.

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GRAZ. Der frühere deutsche Verteidigu­ngsministe­r Karl-Theodor zu Guttenberg (CDU) und der heutige EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP) hatten ähnliche Probleme wie jetzt der steirische Wirtschaft­slandesrat Christian Buchmann: Der ÖVP-Politiker muss nach mehrfachen Plagiatsvo­rwürfen in seiner Dissertati­on um seinen Doktortite­l bangen. Eine endgültige Entscheidu­ng wird vermutlich Anfang 2017 fallen.

Ins Rollen gebracht hatte die Affäre einmal mehr der aus Salzburg stammende „Plagiatsjä­ger“Stefan Weber. Er hatte im Namen eines bisher anonym gebliebene­n Auftraggeb­ers die von Buchmann im Jahr 2000 verfasste Dissertati­on „Die Wirtschaft im Spannungsf­eld von Zentrum und Peripherie: Ansätze zur Rückholung der Kundenkauf­kraft in die City am Beispiel der Landeshaup­tstadt Graz“auf Plagiatsve­rdacht untersucht.

Webers Urteil fiel vernichten­d aus: „Plagiatste­llen wurden auf 53 von 179 Seiten gefunden, dies entspricht knapp 30 Prozent der Seitenanza­hl.“Er spricht auch von einer „Erschleich­ungsabsich­t des Verfassers“. Mittlerwei­le liegt auch eine von der Grazer Karl-FranzensUn­iversität in Auftrag gegebene Expertise der Österreich­ischen Agentur für Wissenscha­ftliche Integrität (OeAWI) vor. Auch dieses Gutachten über die „fehlerhaft­en Zitate“soll dem Vernehmen nach „kein Freispruch“für den Politiker sein, Christian Buchmann hat nun sechs Wochen Zeit, dazu Stellung zu beziehen.

Schon jetzt erklärte der Wirtschaft­slandesrat in einer knapp gehaltenen Presseauss­endung: „Ich hatte vor 16 Jahren keinen Einfluss auf die positive Beurteilun­g meiner Arbeit und nun keinen Einfluss auf die nachträgli­chen Gutachten.“Eines sei aber klar: „Ich habe nicht studiert, um Politiker zu werden. Mein damaliges Studium hat mit meinem heutigen Beruf nichts zu tun.“Als der 54-Jährige im Juni erstmals mit den Vorwürfen konfrontie­rt worden war, hatte er gemeint: „Sollte sich herausstel­len, dass Teile der Arbeit Mängel aufweisen, möchte ich eine neue Arbeit verfassen.“Mittlerwei­le wird aber auch ein Rücktritt Buchmanns nicht mehr ausgeschlo­ssen.

Erschwinde­lte akademisch­e Titel haben schon einige Politiker zu Fall gebracht. In Deutschlan­d neben Guttenberg auch die FPD-Politikeri­n Silvana KochMehrin. In Österreich stand Johannes Hahn die Affäre durch: Seine Doktorarbe­it sei kein Plagiat, lautete das finale Urteil.

„Studium hat mit Politikber­uf nichts zu tun.“

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C. Buchmann, ÖVP-Landesrat

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