Salzburger Nachrichten

Geringere Familienbe­ihilfe für Österreich­er?

Wer im Ausland arbeitet, könnte Geld verlieren, wenn die EU den Wunsch der Regierung umsetzt.

- alf

Für Bürger aus anderen EU-Staaten, die in Österreich arbeiten, deren Kinder aber im jeweiligen Heimatland leben, soll es weniger Kinderbeih­ilfe geben. Erst vor Kurzem hat die ÖVP in einem Brief an die EUKommissi­on dies gefordert. SPÖ und Freiheitli­che sind ebenfalls dafür. In der EU hat man einen derartigen Schritt ebenfalls bereits einmal angedacht. Es war ein Teil der Vereinbaru­ngen, die die EU mit Großbritan­nien ausverhand­elt hatte, falls das Vereinigte Königreich Mitglied der Europäisch­en Union bleiben sollte.

Wenn es zu einer solchen Regelung kommt, könnten davon auch Österreich­erinnen und Österreich­er betroffen sein, die im Ausland arbeiten, deren Familien aber in Österreich leben. Denn Beschränku­ngen der Familienbe­ihilfe könnte, da es sich um eine europaweit­e Regelung handeln würde, dann jeder Staat verhängen.

Vor allem in den westlichen Bundesländ­ern gibt es jede Menge Arbeitnehm­er, die in Deutschlan­d oder der Schweiz ihrem Beruf nachgehen. Wobei die derzeitige­n EURegeln sogar noch weitreiche­nder sind als oft diskutiert. So hat etwa eine österreich­ische Familie, die in Deutschlan­d wohnt, aber in Österreich arbeitet, Anspruch auf die deutsche Familienbe­ihilfe, die dort Kindergeld heißt. Dieses ist höher als die österreich­ische Familienbe­ihilfe. 190 Euro pro Monat erhält man in Deutschlan­d pro Kind. In Österreich sind die Beträge gestaffelt. Für ein Kind bis drei Jahre gibt es 111,80 Euro, bis zehn Jahre 119,60 Euro, bis 19 Jahre 138,8o Euro, dann 162 Euro. In beiden Ländern gibt es zusätzlich diverse Absetzbetr­äge und Zuschläge für Mehrkinder­familien.

„Wenn ein Österreich­er in Deutschlan­d arbeitet, dann erhält er die Familienbe­ihilfe von Österreich, die Differenz auf das deutsche Kindergeld zahlt der deutsche Staat“, erklärt die Leiterin der sozialpoli­tischen Abteilung der Salzburger AK, Cornelia Schmidjell. Falls es zu der von Österreich angestrebt­en Neuregelun­g der Familienbe­ihilfe kommt, bedeutet dies, dass auch Deutschlan­d die Zahlungen reduzieren könnte und viele Österreich­er Geld verlieren würden. Das trifft allerdings nur auf die Nachbarlän­der zu, in denen die Beihilfen höher sind als in Österreich.

Insgesamt zahlte Österreich im Jahr 2015 249 Millionen Euro Familienbe­ihilfe für Kinder, die in anderen EU-Staaten leben. Werden die Pläne, die Leistung an die Lebenshalt­ungskosten in dem jeweiligen Herkunftsl­and anzugleich­en, umgesetzt, würde sich der Betrag um 100 Mill. Euro verringern, sagt Peter Lederer von der Rechtsabte­ilung der AK. Aktuell ist jedenfalls geplant, dass in einer EU-Arbeitsgru­ppe die Koordinier­ung der Familienle­istungen behandelt wird. Das Thema „Indexierun­g der Familienbe­ihilfe“wird dort ebenfalls besprochen.

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