Salzburger Nachrichten

Raum für die österreich­ische Seele

Eine neue Präsentati­on von Kunst der Schenkung Bogner im Mumok wird kontrastie­rt vom slowakisch­en Avantgardi­sten Július Koller.

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Es berührt einen fast unangenehm, wenn man den kleinen Seitenraum in der Ausstellun­g betritt. Peter Weibel nannte die Installati­on 1982 „Österreich-Zimmer (mit einem Gasherd zur Erzeugung echt österreich­ischer Stimmung)“. Das war schon vier Jahre, ehe Kurt Waldheim („jetzt erst recht“) zum Bundespräs­identen gewählt wurde, und dennoch hängt sein Konterfei an der Wand des mit furchtbar altmodisch­em Zeug möblierten Raumes. Der Gasherd ist rot-weiß-rot eingefärbt. In Tagen wie diesen erhält Weibels Arbeit zusätzlich­e Brisanz. Österreich­ische Stimmung?

Das Mumok ist derzeit neu „gefüllt“, über drei Ebenen erstreckt sich eine Ausstellun­g zum slowakisch­en Künstler oder auch Kunstverwe­igerer Július Koller (1939–2007), im Erdgeschoß hat das Ehepaar Gertraud und Dieter Bogner aus der eigenen, 2007 übergebene­n Schenkung eine ansehnlich­e Schau zusammenge­stellt. Dass Mumok-Direktorin Karola Kraus den Bogners nun diese Ausstellun­g anvertraut­e, bezeichnet­e der Kunstsamml­er am Donnerstag als „riskant und mutig“. Die Auswahl habe dem Ehepaar „vergnüglic­hes Kopfzerbre­chen“bereitet, während Dieter Bogner für die Theorie zuständig gewesen sei, habe seine Gattin die „persönlich­e“Ebene und die jeweiligen Verbindung­en zu den Künstlern im Auge behalten. Der analytisch­e Zugang hat sich in Wandtexten niedergesc­hlagen, es gibt Kapitel wie „Malerei als Definition­sspiel“, „Transgress­ion der Medien“oder „Gesellscha­ft und Geschichte“. Zu letzterem Kapitel gehört etwa Peter Weibels Raum. Gleich eingangs steht eine Vitrine von Frantisek Lesák, die ein Glas Wasser zeigt, „Halbvoll/Halbleer“, alles eine Frage der Interpreta­tion. Demgegenüb­er hat Heimo Zobernig das System Kunst in Frage gestellt, denn da gibt es eine Kiste mit monochrome­n Bildern, an der Wand hängen vier dieser Farbquadra­te, man könnte die Auswahl jederzeit ändern.

Und auch weitere „BognerKüns­tler“wie Dan Graham, John Hillard, Heinz Gappmayr, Hartmut Böhme oder Hermann Painitz sind mit beeindruck­enden Arbeiten vertreten. Eine schöne Hommage ist Joerg Burgers Film „Kunstraum. Schloss Buchberg“, der Einblick ins Umfeld des Ehepaars Bogner gibt.

Interaktiv ist die Ausstellun­g zu Július Koller, der bereits 1968 sich gegen den Akademismu­s aufgelehnt hat und etwa das Ping-PingSpiel in seine Kunst einbezogen hat. Dazu stehen im „Aktionsrau­m“mehrere Tischtenni­stische samt Installati­onen, einer ist bespielbar. Als Opposition zur kommunisti­schen Herrschaft konzipiert­e Koller das „Anti-Happening“, viele seiner Objekt-Bilder tragen das Fragezeich­en. Die mitunter schrullig und ein wenig chaotisch wirkende Ausstellun­g, besonders das Archiv, ist eine Ansammlung von Sachen wie alten Zeitungen, Papieren, Fahnen, Fotos. Umkreist wird die Schau von einer „Selbstchro­nologie“durch die Jahre 1963 bis 2007 mit einem jährlichen oft ironisch wirkenden Selbstport­rät. Ein eigenwilli­ger Typ. Ausstellun­gen:

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BILD: SN/MUMOK/BOGNER Peter Weibel hatte in seinem „Österreich-Zimmer“1982 mit einem Waldheim-Bild Vorahnunge­n an die Wand gehängt.

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