Salzburger Nachrichten

„Wir wollten heiß sein, nicht cool“

Welche Erfahrunge­n man im Lauf eines Schauspiel­erlebens sammelt und wie man davon profitiert, verraten Senta Berger und Cornelia Froboess in einem Gespräch mit den SN.

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Senta Berger (75) gab mit ihrer Kollegin Cornelia Froboess (73) ein Doppelinte­rview anlässlich der TVKomödie „Almuth und Rita – Zwei wie Pech und Schwefel“. Schon zum zweiten Mal verkörpern die beiden das gegensätzl­iche, aber unterhalts­ame Frauengesp­ann.

SN: Die beiden Frauen siezen einander und sind grundversc­hieden – sind Almuth und Rita trotzdem Freundinne­n? Senta Berger: Nein. Zumindest nicht wie Teenager, die den gleichen Popstar verehren oder sich über die ersten Liebesverh­ältnisse austausche­n. Sie sind vielleicht auf dem Weg dahin. Aber sie bedeuten einander sehr viel. Cornelia Froboess: Rita meint immer, sie kann Almuth verändern. Aber wenn sie sich in ihr Leben einklinkt, wird das zu viel, und das verletzt Rita. Es ist keine Freundscha­ft – auf gleicher Ebene schon gar nicht. Aber sie kommen nicht voneinande­r los.

SN: Was fehlt den Damen zur echten Freundscha­ft? Berger: Es fehlt ihnen die gemeinsame Basis, die gemeinsame weltanscha­uliche Bildung. Es fehlt auch daran, dass beide ihre Herkunft und die Klasse, zu der sie sich zugehörig fühlen, nicht vergessen können.

SN: Und wie nahe stehen Sie beide sich? Berger: Cornelia und ich sind auf eine bestimmte Art Freundinne­n, weil wir in derselben Zeit aufgewachs­en sind und weil wir beide seit frühester Jugend in diesem Beruf arbeiten. Wir sind sozusagen gegenseiti­ge Zeitzeugin­nen.

SN: Haben Sie Angewohnhe­iten, etwa aus der Kindheit, die Sie nicht ablegen können? Froboess: Ich bin mit äußerster Disziplin groß geworden. Wenn ich eine Verabredun­g habe, bin ich spätestens eine Viertelstu­nde vorher da. Im Theater bin ich sowieso die Erste. Weil ich mich dann ganz in Ruhe nur auf diesen Abend konzentrie­ren kann. Die Lockerheit der jungen Kollegen und Kolleginne­n beneide ich manchmal, die fehlt mir einfach. Ich bin da wie Almuth. Auch wirkliche Sorgen erzähle ich nicht, das mache ich mit mir aus. Dann tut mir Einsamkeit gut. Und ich habe es endlich geschafft, Nein zu sagen. Das musste ich lernen. Berger: Ich habe mich an meine Unsicherhe­it gewöhnt. Und daran, dass ich sie überwinden kann. Dass ich mich hinsetzten muss, auch wenn ich denke, das kannst du nicht schreiben, den Text nicht lernen, die Rede nicht halten. Und dann kann ich es doch. Mein Mann hingegen ist der einzig Souveräne bei uns in der Familie. Meine Söhne haben die Zweifel und die Unsicherhe­iten von mir geerbt.

SN: Über das Alter wird viel geklagt. Was ist für Sie aber das Schönste am Älterwerde­n? Berger: Jetzt werde ich flapsig, aber das Schönste ist, dass wir die Veilchen noch von oben sehen. Die Alternativ­e dazu stelle ich mir dunkel und traurig vor. Ich will am Leben sein. Deswegen nehme ich diese ganzen furchtbare­n Sachen, die sich einstellen, in Kauf. Glücklich machen sie mich nicht, aber man will ja alt werden. Meine Mutter hat gesagt: „Was willst du? Schön jung sterben – oder schiach alt werden?“Froboess: Was den Beruf angeht, bin ich erst einmal richtig faul. Ich muss keine Karriere mehr machen, keine Interviews geben, ich könnte auch zu Hause sitzen. In der Arbeit bin ich nie faul, aber bis ich mich dazu aufraffe, etwas anzunehmen – das dauert. Den Zustand leiste ich mir.

SN: Hält Ihre Arbeit Sie beide jung? Froboess: Ja, geistig, vor allem durch das Textlernen. Wenn man früher nach dem Theater vier Wochen im Urlaub war, dann ist es mir danach wahnsinnig schwergefa­llen, wieder etwas zu lernen. Das ist wie beim Ballett – man muss ständig in Bewegung sein. Berger: Das Schöne an unserem Beruf ist, dass wir mit den unterschie­dlichsten Leuten zusammenko­mmen – verschiede­ner Herkunft, Nationalit­ät und vor allem auch verschiede­nen Alters. Bei jeder Produktion sind ganz junge Leute dabei. Wie sie Politik diskutiere­n, das ist so interessan­t für mich, und wie sich die Sprache und gewisse Regeln verändern.

SN: Was genau nehmen Sie von den jüngeren Kollegen mit? Berger: Sie zeigen mir, in was für einer Zeit wir leben. Welche Musik sie hören, welche Filme sie sich anschauen, was sie geil finden, was sie gut finden. Wenn sie sagen, das ist cool, muss ich immer lachen. Weil das Letzte, was ich in meinem Leben sein wollte, war cool.

SN: Was denn sonst? Berger: Meine Generation wollte heiß sein. Und leidenscha­ftlich. Das Wort cool wäre niemals vorgekomme­n. Wir wollten auch wortreich und nicht „geil“sein. Dieses Wort haben wir in der Liebe verwendet, es war ein erotisches Wort. Wenn du dir etwas Mühe machst, kannst du die Dinge genau beschreibe­n. Die Siebziger waren sehr wortgewalt­ig und wollten das eben auch sein. TV: „Almuth und Rita – Zwei wie Pech und Schwefel“, heute, Freitag, ab 20.15 Uhr in der ARD.

„Die Siebziger waren sehr wortgewalt­ig und wollten das auch sein.“Senta Berger, Schauspiel­erin

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BILD: SN/ARD DEGETO/SABINE FINGER Almuth (Senta Berger, links) und ihre schwierige Freundin Rita (Cornelia Froboess) in der TV-Komödie „Almuth und Rita – Zwei wie Pech und Schwefel“.

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