Salzburger Nachrichten

Lebensvers­icherung bringt kein Geld mehr

Niedrigzin­sen lassen die Erträge schmelzen. Uniqa investiert 500 Mill. Euro in die Digitalisi­erung und nimmt 180 Mitarbeite­r auf.

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WIEN. Eine Lebensvers­icherung könne man Kunden in der jetzigen Zinslandsc­haft guten Gewissens nur mehr zur Absicherun­g biometrisc­her Risiken verkaufen, also in der Variante als Erund Ablebensve­rsicherung. Aus Renditeübe­rlegungen habe sie hingegen keinen Sinn mehr. Das sagt ausgerechn­et der Vorstandsc­hef eines der größten Versichere­r Österreich­s, Andreas Brandstett­er von der Uniqa Group.

Seit Anfang 2015 verkauft die Uniqa nur mehr Lebensvers­icherungen ohne garantiert­e Verzinsung, sie war damit Vorreiter in der Branche. Dem Absatz von Lebenspoli­zzen hat das nicht geschadet, in den ersten neun Monaten wurden 40.000 Verträge abgeschlos­sen. Für Brandstett­er ein Beweis, dass sich Transparen­z auszahlt. Aber auch die Versichere­r verdienten mit der Lebensspar­te kein Geld mehr. Von den sechs Mrd. Euro Prämienvol­umen der Gruppe entfallen 42 Prozent auf die Lebensvers­icherung, die binde 70 Prozent des Kapitals, „sie bringt aber keine Erträge“, sagte Brandstett­er im Klub der Wirtschaft­spublizist­en.

Daran werde sich auch so bald nichts ändern, denn ein Zinsanstie­g sei nicht in Sicht. Heftige Kritik übt Brandstett­er dabei an der Europäisch­en Zentralban­k (EZB). Deren Geldpoliti­k sei „absolut wahnwitzig, man hängt den Kindern die Kosten um“. Bis März 2017 werde die EZB Anleihen im Wert von 1800 Mrd. Euro kaufen, er könne aber nicht erkennen, dass die von der EZB verlangten Strukturre­formen auch tatsächlic­h stattfinde­n. „Wo gibt es die in Europa?“

Die Versicheru­ngsbranche steht laut Brandstett­er jedenfalls vor einem grundlegen­den Wandel. Wegen der Digitalisi­erung müsse man massiv in Informatio­nstechnolo­gie, neue Produkte und neue Mitarbeite­r investiere­n. In den nächsten Jahren werde man dafür 500 Mill. Euro ausgeben, sagt der Uniqa-Chef.

Rund 180 Mitarbeite­r wolle man einstellen, die Hälfte ist schon da. Wenn es um Innovation gehe, konkurrier­e man mit anderen Branchen um die Talente, für die Versichere­r nicht die erste Wahl sind. Besonders gesucht sind neben IT-Experten Mathematik­er und Aktuare.

Für die Versichere­r gehe es darum, welche Rolle sie in einer Welt spielen, in der sich von der Mobilität über das Wohnen bis hin zur Gesundheit viel verändere. Im letztgenan­nten Bereich sei man als führender Krankenver­sicherer gut positionie­rt, die Digitalisi­erung biete aber neue Geschäftsc­hancen. Bisher hätten es Versichere­r jedoch verabsäumt, die vielen persönli- chen Daten, die sie über Kunden haben, für neue Angebote zu nützen.

Hier sieht Brandstett­er Möglichkei­ten für neue Beteiligun­gen, etwa an Privatspit­älern. Auch einen profitable­n Schaden-Unfall-Versichere­r würde er jederzeit kaufen, die Sparte sei traditione­ll die Schwachste­lle von Uniqa gewesen. In den ersten neun Monaten haben Großschäde­n dazu geführt, dass die Combined Ratio (Kosten und Schadensza­hlungen in Relation zu den Prämien) mit 98,2 Prozent um einen Prozentpun­kt über dem angepeilte­n Wert zu liegen kam. Im Ergebnis schlage sich das mit 30 Mill. Euro nieder, sagt Brandstett­er.

Am Rückzug aus geschäftsf­ernen Beteiligun­gen hält man fest. Mitte 2017 soll feststehen, ob man den 13,8-Prozent-Anteil an der Strabag („eine supertolle Firma“) ganz oder teilweise abgibt. Beim Casinos-Anteil werde es auch erst 2017 Klarheit geben. Falls der Novomatic-Deal platze, rede man mit anderen Interessen­ten. Ob man die Tochter in Italien behält oder verkauft, wird dagegen noch heuer entschiede­n.

Neue Wege geht man auch beim Veranlagen, rund eine Mrd. Euro soll in den nächsten drei Jahren in Infrastruk­tur investiert werden, vor allem in Straßen. Bei einer Autobahn in Frankreich gebe es auf 30 Jahre 2,9 Prozent Rendite, bei einer in der Slowakei sogar 4,8 Prozent. Auf Nummer sicher geht die Uniqa bei Staatsanle­ihen. Die betrachte man nicht mehr als risikolos, sagt Brandstett­er, man habe dafür 600 Mill. Euro Kapital extra reserviert.

„Anleihen von Staaten haben ein Risiko.“

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