Salzburger Nachrichten

Nasenknorp­el hilft bei lädiertem Knie

Kaputte Kniegelenk­e wiederhers­tellen: Forscher lassen körpereige­ne Knorpelzel­len dort anwachsen, wo Knorpel fehlt.

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WIEN. Forschende der Universitä­t Basel sind einer äußerst vielverspr­echenden Behandlung­smethode auf der Spur. Werden aus der Nasenschei­dewand Knorpelzel­len entnommen, können diese im Labor zu einem funktionsf­ähigen Gewebe gezüchtet werden. Damit wiederum lässt sich beschädigt­es Knorpelgew­ebe im Kniegelenk ersetzen und somit heilen. Eine erste Studie an Patienten bestätigte zuletzt den Erfolg dieser Therapie.

Knorpelsch­äden in Gelenken sind sehr schwierig zu behandeln. Denn Knorpel regenerier­en so gut wie gar nicht. Davon betroffen sind nicht nur ältere Menschen als Folge von jahrelange­r Abnützung, sondern auch jüngere nach Verletzung­en oder Unfällen. Alle herkömmlic­hen Behandlung­smethoden weisen Nachteile auf und führen mitunter zu unbefriedi­genden Ergebnisse­n. Daher kommt es nach Knorpelsch­äden sehr oft zu chronische­n Schmerzen und einer eingeschrä­nkten Beweglichk­eit. Manchmal ist ein künstliche­s Gelenk der einzige Ausweg.

Wie die Basler Forscher aber jetzt herausgefu­nden haben: Knorpelzel­len aus der Nase eignen sich hervorrage­nd, um Knorpelsch­äden im Kniegelenk zu heilen. Ihre Studie weist nach, dass Sicherheit und Machbarkei­t der Behandlung­smethode gegeben sind und sich im Kniegelenk Reparaturg­ewebe bildet, welches dem natürliche­n Knorpel sehr ähnlich ist. In der Selbsteins­chätzung der Patientinn­en und Patienten zeigte sich eine relevante Verbesseru­ng der Beschwerde­n.

Unter der Leitung von Ivan Martin und Marcel Jakob haben die Forschende­n des Departemen­ts Biomedizin von Universitä­t und Universitä­tsspital Basel zwei Techniken untersucht. Zum einen verwendete­n sie Knorpelzel­len aus der Nasenschei­dewand, da diese eine bessere Fähigkeit zur Regenerati­on aufweisen als Gelenkknor­pel. Zum anderen implantier­ten sie keine Zellen, sondern funktionsf­ähiges Gewebe, welches zuvor im Labor gezüchtet wurde. Das beschädigt­e Knorpelgew­ebe am Knie wurde also durch das herangewac­hsene und zugeschnit­tene Gewebe aus der Nase ersetzt. Dabei gelang es, für alle Patientinn­en und Patienten ein Implantat herzustell­en, das die typischen Eigenschaf­ten eines Knorpelgew­ebes am Kniegelenk aufweist. Bei niemandem wurden nach der Implantati­on unerwünsch­te Nebenwirku­ngen festgestel­lt, welche vom Transplant­at herrühren könnten.

Bei den in der renommiert­en Fachzeitsc­hrift „The Lancet“publiziert­en Studienres­ultaten handelt es sich um erste Zwischener­gebnisse. An der Studie nahmen zehn Patientinn­en und Patienten teil, die jünger als 55 Jahre alt waren und alle unter schweren Knorpeldef­ekten im Kniegelenk litten. Alle wiesen posttrauma­tische Knorpelsch­äden mit einer Größe von zwei bis sechs Quadratzen­timetern auf. Patientinn­en und Patienten mit Arthrose wurden nicht in die Studie aufgenomme­n. Da die Zahl der Studientei­lnehmenden zu gering ist, um eine verlässlic­he Aussage über die Wirksamkei­t zu treffen, wird eine internatio­nale Phase-II-Studie folgen. Sie wird in Basel, Mailand, Zagreb und Freiburg im Breisgau 108 Patienten umfassen. Die Studie wird Ende 2016 starten und über das EU-Förderprog­ramm „Horizon 2020“finanziert.

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