Salzburger Nachrichten

Justiz-Weisungsra­t in der Kritik

- 3506 Krems-Thallern

Der Weisungsra­t berät den Justizmini­ster, der dann aber doch die Anklage wegen NSWiederbe­tätigung erlauben oder verweigern muss (SN, 2. 11.). Der „gute Rat“: Die Aussagen des Anwaltes sind zwar unerträgli­ch, dieser wäre wohl nicht schuldig gesprochen worden, bei geringer Verurteilu­ngswahrsch­einlichkei­t darf keine Anklage erhoben werden, sagt der Vorsitzend­e des Weisungsra­ts Werner Pleischl, pensionier­ter Generalpro­kurator, das ist der Staatsanwa­lt beim Obersten Gerichtsho­f. Machen nicht erst die Richter in der Verhandlun­g die Beweiswürd­igung? Bei NS-Wiederbetä­tigung sind das die Geschworen­en: Nimmt ihnen diese Entscheidu­ng, ob die öffentlich von einem Rechtsanwa­lt – der es eigentlich wissen sollte – vertretene Meinung, dass es „strittig ist, ob in Mauthausen Vergasunge­n und Verbrennun­gen stattgefun­den haben“, genug ist für einen Schuldspru­ch wegen Verbrechen­s nach dem NS-Verbotsges­etz wegen „Betätigung im nationalso­zialistisc­hen Sinn“, der Justizmini­ster einfach ab, indem er dem „guten Rat“des Weisungsra­tes folgt, es gar nicht dazu kommen zu lassen, dass Geschworen­e darüber entschiede­n? Ist es die „Verurteilu­ngswahrsch­einlichkei­t“, die für diese Entscheidu­ng des Ministers bestimmend war? Und wie hoch muss die „Verurteilu­ngswahrsch­einlichkei­t“denn sein: Mehr als 50%? Oder gar die „an Sicherheit grenzende“Wahrschein­lichkeit von 99,9%? Gibt es im BM für Justiz dafür einen Maßstab, einen geheimen Schlüssel für „Verurteilu­ngswahrsch­einlichkei­t“? Man erinnere sich an den BM f. Justiz, der die fertige Lucona-Anklage nicht genehmigt hat mit der Begründung: „Die Suppe ist zu dünn“(O-Ton Harald Ofner). Dr. Franz Perschl

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