Justiz-Weisungsrat in der Kritik
Der Weisungsrat berät den Justizminister, der dann aber doch die Anklage wegen NSWiederbetätigung erlauben oder verweigern muss (SN, 2. 11.). Der „gute Rat“: Die Aussagen des Anwaltes sind zwar unerträglich, dieser wäre wohl nicht schuldig gesprochen worden, bei geringer Verurteilungswahrscheinlichkeit darf keine Anklage erhoben werden, sagt der Vorsitzende des Weisungsrats Werner Pleischl, pensionierter Generalprokurator, das ist der Staatsanwalt beim Obersten Gerichtshof. Machen nicht erst die Richter in der Verhandlung die Beweiswürdigung? Bei NS-Wiederbetätigung sind das die Geschworenen: Nimmt ihnen diese Entscheidung, ob die öffentlich von einem Rechtsanwalt – der es eigentlich wissen sollte – vertretene Meinung, dass es „strittig ist, ob in Mauthausen Vergasungen und Verbrennungen stattgefunden haben“, genug ist für einen Schuldspruch wegen Verbrechens nach dem NS-Verbotsgesetz wegen „Betätigung im nationalsozialistischen Sinn“, der Justizminister einfach ab, indem er dem „guten Rat“des Weisungsrates folgt, es gar nicht dazu kommen zu lassen, dass Geschworene darüber entschieden? Ist es die „Verurteilungswahrscheinlichkeit“, die für diese Entscheidung des Ministers bestimmend war? Und wie hoch muss die „Verurteilungswahrscheinlichkeit“denn sein: Mehr als 50%? Oder gar die „an Sicherheit grenzende“Wahrscheinlichkeit von 99,9%? Gibt es im BM für Justiz dafür einen Maßstab, einen geheimen Schlüssel für „Verurteilungswahrscheinlichkeit“? Man erinnere sich an den BM f. Justiz, der die fertige Lucona-Anklage nicht genehmigt hat mit der Begründung: „Die Suppe ist zu dünn“(O-Ton Harald Ofner). Dr. Franz Perschl