Salzburger Nachrichten

Es ist etwas faul im Staate Italien – vor allem in seinen Banken

Wenn die Italiener beim Referendum Matteo Renzi das Vertrauen entziehen, könnte das auch die Banken ins Straucheln bringen.

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Für die älteste noch bestehende Bank der Welt, die Monte dei Paschi di Siena, gibt es also doch Hoffnung, dass ihre Geschichte nach mehr als einem halben Jahrtausen­d noch nicht zu Ende geht. Donnerstag­abend stimmten die Aktionäre einem Plan zu, mit dem die altehrwürd­ige Einrichtun­g vor dem Untergang bewahrt werden soll. Die Kombinatio­n aus frischem Kapital und Umwandlung von Schulden in Aktien am Institut soll die Wende bringen, damit sollen insgesamt fünf Mrd. Euro aufgebrach­t werden.

Ihren Namen bekam die Monte dei Paschi erst 1624, gegründet wurde sie aber schon 1472 als „Monte di Pietà“, als Berg der Barmherzig­keit. Anders als Banken, die gegen Einlagen Zinsen gewährten, waren die Monti di Pietà nicht auf Gewinn ausgericht­et. Das hat man sich beim Nachfolgei­nstitut Paschi di Siena in den vergangene­n Jahren zu sehr zu Herzen genommen hat. Heuer wird ein Minus von fast fünf Mrd. Euro erwartet, seit 2011 häufte die Bank insgesamt Verluste von 20 Mrd. Euro an.

Mit Barmherzig­keit hat der Beschluss der Aktionäre freilich nichts zu tun, sie leitet das pure Eigeninter­esse. Denn auf Hilfe des Staates darf Monte dei Paschi nicht mehr hoffen, der schoss 2012 schon vier Mrd. Euro in die Bank ein. Ziehen sich Aktionäre und Gläubiger nicht selbst aus dem Sumpf, müssten sie beim Fall der Bank viel mehr Geld in die Hand nehmen.

Allerdings könnte die Politik noch einen Strich durch die Rechnung machen, wenn die Bank Anfang Dezember Geld auf dem Kapitalmar­kt einsammeln will. Dieses ohnehin heikle Unterfange­n könnte sich als unmöglich erweisen, wenn die Regierung am 4. Dezember mit ihrem Verfassung­sreferendu­m scheitert.

Dann dürften nicht nur die Tage von Ministerpr­äsident Matteo Renzi gezählt sein, sondern auch Italiens Banken ins Wanken geraten. Ausgerechn­et Italien, wo das Bankwesen im Mittelalte­r seinen Ursprung nahm, gilt aktuell als der gefährlich­ste Bankenmark­t in Europa. In Abwandlung von Hamlet kann man daher behaupten: Es ist etwas faul im Staate Italien. Für seine Banken gilt das erst recht. In deren Bilanzen schlummern 360 Mrd. Euro faule Kredite, ein Drittel des Volumens in ganz Europa. Monte dei Paschi allein sitzt auf 50 Mrd. Euro uneinbring­lichen Krediten. Der Verkauf von gut der Hälfte soll neun Mrd. Euro einbringen.

Die Misere der Monte dei Paschi zeigt wieder einmal eindrückli­ch, wie sehr Bankwesen und Politik miteinande­r verwoben sind. Banker und Regierende sind oft Schicksals­genossen, ob sie wollen oder nicht. Daran haben auch die Regeln für Bankpleite­n bislang nichts geändert.

Vor dem Sitz der Monte dei Paschi in Siena hat man übrigens Sallustio Antonio Bandini ein Denkmal gesetzt. Der setzte sich als Ökonom für Freihandel und den Abbau von Zöllen ein. Vor allem aber war Bandini Priester, vielleicht ist das ein gutes Omen. Denn Gottes Hilfe könnte die Monte dei Paschi gut brauchen.

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Richard Wiens

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