In den Spuren des Vaters
Senior und Junior als Formel-1-Weltmeister: Das schafften bisher nur Graham und Damon Hill. Am Sonntag will Nico Rosberg mit Vater Keke „gleichziehen“.
Neun Siege in einer Saison und doch nicht Champion? Das könnte Sonntag im Finale in Abu Dhabi (Start 14 MEZ) beiden WM-Kontrahenten passieren. Nur: Lewis Hamilton war schon drei Mal Champion (mit elf Siegen 2014, zehn im Vorjahr und fünf beim ersten Titel 2008) und hat heuer ebenso neun Triumphe gefeiert wie Nico Rosberg. Der kam im Vorjahr als WMZweiter auf sechs Siege, ein Jahr zuvor auf fünf. Effizient aber war sein Vater wie kaum ein anderer Pilot: Denn Keke Rosberg (er wird am 6. Dezember 68 Jahre alt) holte sich seinen Titel 1982 mit einem einzigen ersten Platz – wie Mike Hawthorn (1958). Im Gegensatz zum internen Mercedes-Duell anno 2016 war der Titelkampf von Rosberg senior einer mit mehr Hauptdarstellern – denn allein elf Fahrer gewannen zumindest ein Rennen, nur fünf siegten zwei Mal. Und für Keke Rosberg, der die Erfolgsära von Williams fortsetzte, reichte der Triumph im GP der Schweiz – gefahren im französischen Dijon – zum Titel mit fünf Zählern Vorsprung auf Didier Pironi und John Watson. In neun Rennen in Folge gab es neun verschiedene Gewinner – eine Ausgeglichenheit, die man der Formel 1 heute nur wünschen kann.
Doch Nico Rosberg kann mit seinem ersten WM-Titel nicht nur den Herrn Papa deutlich überflügeln (Keke schaffte es „nur“zu fünf Siegen in 114 Rennen). Er könnte die Familie auch in die Geschichtsbücher bringen: Vater und Sohn als Weltmeister der Formel 1, das gelang nur Graham und Damon Hill. Der Senior holte den Titel 1962 und 1968, der Junior vor 20 Jahren. Doch während Graham Hill den Start der Rennfahrerkarriere seines Sohnes nicht mehr erlebte (er kam am 29. November 1975 bei einem Absturz im Nebel in seinem Privatflugzeug um, da war Damon 15 Jahre alt), konnte Rosberg senior die Karriere seines Sohnes in die richtigen Bahnen lenken. Dass Nico nach erfolgreichem Durchlauf diverser Nachwuchsserien 2006 ausgerechnet bei Williams zum Formel-1-Debüt kam (samt Punkten im ersten GP), war kein Zufall – Frank Williams erinnerte sich genau, mit welchem Einsatz Keke Rosberg mit dem Cosworth-Sauger gegen die Konkurrenten mit den aufkommenden stärkeren Turbomotoren kämpfte und reüssierte.
Damon Hill ist heute weiter als TV-Analyst für einen britischen Sender in der Formel 1 unterwegs. Doch die heutige Formel 1 ist nicht seine Welt, wie er selbst sagt: „Schon am Ende meiner Karriere 1999 wurde der Einfluss der Ingenieure immer wichtiger. Ich wollte immer selbst mein Auto abstimmen, meine Renntaktik umsetzen. Das geht heute alles nicht mehr.“
Einen Vergleich zur Welt des Vaters kann Nico Rosberg nicht ziehen: Als Keke die F1-Karriere 1986 in Adelaide beendete, war Nico eineinhalb Jahre alt, als er nach erfolgreichen Jahren in DTM und ITC endgültig den Helm abnahm, war Nico erst zehn. „Wir unterhalten uns nie über Statistiken oder seine Zeit“, gab Nico zu, „aber er lobt oder tadelt mich für meine Leistungen, für manche Runden oder Manöver.“Anerkennung hat Nico freilich genug für den Herrn Papa, mit dem er in jungen Jahren viel Zeit im Haus in Thumersbach bei Zell am See verbracht hatte: „Ich bin stolz darauf, was er geleistet hat.“Aber Nico stellte auch klar: „Ich will mich mit ihm nicht vergleichen.“Keke Rosberg hält sich seit Jahren mit öffentlichen Äußerungen zu seinem Sohn und zur Formel 1 zurück. Doch im heurigen Frühjahr, nach der Siegesserie Nicos in den letzten drei Rennen 2015 und den ersten vier 2016, musste er feststellen: „Er feierte in gut einem halben Jahr mehr Siege als ich in meiner F1-Laufbahn.“