Besser sein allein reicht nicht
Das Spiel in Krasnodar brachte ein Déjà-vu-Erlebnis für Red Bull Salzburg. In internationalen Spielen verabsäumen es die Bullen zu oft, den Sack zuzumachen.
„Manchmal gewinnt der Bessere“, lautet der Titel eines Fußballbuchs. Er drückt mit einem Augenzwinkern aus, dass objektiv schwächere Außenseiter immer eine Chance gegen den sportlich Stärkeren haben. Bei Red Bull Salzburg bestätigt sich diese These in internationalen Entscheidungsspielen in einer bereits langsam unheimlich werdenden Tradition.
Nur fünf Minuten fehlten den Salzburgern am Donnerstag in Krasnodar am fünften Spieltag der Europa-League-Gruppenphase. Hätten sie die 1:0-Führung über die Zeit gebracht, hätte die Chance auf den Aufstieg ins Sechzehntelfinale weitergelebt. Am 8. Dezember wäre das letzte Gruppenspiel daheim gegen Schalke 04 ein echtes Finale vor großer Kulisse geworden. So aber kamen die eigentlich harmlosen Russen noch zum 1:1-Ausgleich. Stürmer Fedor Smolow, der zuvor nur mit Standfußball aufgefallen war, staubte ab.
Das 1:1 bei FK Krasnodar steht mit diesem Spielverlauf in einer Reihe mit ähnlichen Erlebnissen der Bullen gegen Fenerbahçe Istanbul (2013), Basel (2014), Malmö (2014 und 2015), Villarreal, Dinamo Minsk (beide 2015) und Dinamo Zagreb im heurigen ChampionsLeague-Play-off: gut gespielt, oft sogar deutlich überlegen und am Ende gescheitert.
„Wir wussten, dass wir uns keinen Fehler erlauben durften“, sagte Trainer Óscar García über das Spiel in Krasnodar. Die Warnung wirkte beim Spiel fast übertrieben: Das russische Team, das schon beim Hinspiel in Salzburg von einem einzigen Abwehrschnitzer profitiert und 1:0 gewonnen hatte, schien diesmal keine Waffe zu haben, mit dennoch der es den Bullen hätte beikommen können. Trotzdem gelang aus einer halben Chance das 1:1. „So ein unglückliches Last-Minute-Tor ist sehr bitter. Wir hätten uns den Sieg heute verdient gehabt“, sagte Munas Dabbur, der Salzburg vor der Pause in Führung gebracht hatte.
Doch der wahre Grund für das bittere Scheitern lag nicht unbedingt in diesem einen Fehler, sondern in der mangelnden Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor. „Wenn wir eine Chance auf das zweite Tor nutzen, sieht die Welt anders aus“, sagte García. Das war schon bei den 0:1-Niederlagen daheim gegen Krasnodar und gegen Nizza ähnlich. Die Extraklasse eines Jonatan Soriano wird erst jetzt so richtig spürbar, da er fehlt.
Trotzdem hat man sich beim österreichischen Meister vorgenommen, nicht mit Bitterkeit auf Krasnodar zurückzublicken. „Wir können auf unsere Leistung stolz sein und darauf aufbauen“, hieß es unisono von Spielern, Trainern und Funktionären. Im Lauf des Herbsts hat sich das Team von Óscar García kontinuierlich gesteigert und vermag wieder, Gegner so richtig an die Wand zu spielen.
Das soll auch am Sonntag (16.30) in der Bundesliga gegen Admira Wacker so sein. Dass nach dem internationalen Aus die Motivation für den Liga-Alltag fehlen könnte, dementiert García vehement: „Wer da nicht motiviert ist, hat in diesem Sport nichts zu suchen.“Gegen die Südstädter kann der Trainer wieder auf den in Krasnodar gesperrten Konrad Laimer zurückgreifen. Auch Marc Rzatkowski und Hee-Chan Hwang (in Russland bereits eingewechselt) sollten wieder fit für einen Einsatz sein.
Und ganz vorbei ist das Europacupjahr ja auch noch nicht. Das Treffen mit Schalke 04 am 8. Dezember vor großer Kulisse wird nun zwar kein Entscheidungsspiel mehr. Ernst nehmen wird man es aber allemal, wie der Coach bekräftigt: „Man hat nicht jeden Tag die Gelegenheit, gegen Schalke zu spielen.“
„Wir hätten den Sieg verdient.“