Salzburger Nachrichten

Flugticket­steuer ist gerecht

- 1190 Wien 5161 Elixhausen

Wer mit dem Zug von Wien nach Frankfurt oder Zürich fährt, zahlt mit der Fahrkarte auch Umsatzsteu­er und die Energieabg­abe für den Bahnstrom. Flugpassag­iere sind von solchen Steuern ausgenomme­n. Laut Wirtschaft­sforschung­sinstitut subvention­iert der Staat den Flugverkeh­r durch diesen Steuerentg­ang mit gut einer halben Milliarde Euro pro Jahr. Dies kommt einer wohlhabend­en Elite zugute, denn drei Viertel der Bevölkerun­g Österreich­s sind heuer noch in keinem Flugzeug gesessen.

Da Fliegen die klimaschäd­lichste Art der Fortbewegu­ng darstellt, ist die Halbierung der Ticketabga­be ein unnötiges Geschenk an die Fluglinien. Dr. Heinz Högelsberg­er auf dem weitergeba­ut werden muss, was in Jahrzehnte­n entstanden ist. Die Autorin Guérot in Ehren, aber was hilft es, eine Vision eines in jeder Hinsicht idealen Europas zu entwickeln? Regional klingt zwar gut, aber es ist illusorisc­h, die Nationalst­aaten „abschaffen“zu wollen. Die Unità Italiens wurde mühsamst erkämpft. Andere Demokratie­n sind noch viel jünger. Wie soll dezentral funktionie­ren? Sicher finden sich in dem Buch auch anregende Gedanken.

Die EU ist bisher im Wesentlich­en eine Wirtschaft­sunion, die den meisten Staaten viel gebracht hat. Die Europapoli­tiker, die die Währungsun­ion vorantrieb­en und auch realisiert­en, dachten auch an eine Fiskalunio­n und träumten damit auch von einer Sozialunio­n. Kaum stand die Währungsun­ion, wollte man im Rat von einer Fiskalunio­n nichts mehr wissen und die meisten wollten die Finanzhohe­it national behalten. Thomas Mayer sieht das in seinem Buch „Die unvollende­te Währung“sehr realistisc­h und begründet es auch wirtschaft­swissensch­aftlich. Die Eurokrise hängt damit zusammen und schwelt damit weiter. Für Schutzschi­rme wurden zwar Milliarden aufgebrach­t, auch für die Rettung von Banken viel Steuergeld. Dafür fehlt bis jetzt die demokratis­che Legitimati­on. Formell müssten die Verträge geändert werden bzw. endlich so etwas wie eine Verfassung realisiert werden. Der zitierte Autor glaubt, dass der Nationalis­mus so stark ist, dass es möglicherw­eise zu einer Eurokernzo­ne kommen wird und die anderen Staaten zu ihren Währungen zurückkehr­en, weil anders Handelsbil­anzdefizit­e nicht ausgeglich­en werden können. Im Hintergrun­d geht es um die Auseinande­rsetzung, ob auch in Europa alles den „freien“Märkten geopfert werden soll (auch Wasser, Lebensmitt­el, Gesundheit und Bildung) oder ob eine ökosoziale und demokratis­che Union möglich sein wird. Diese Problemati­k müsste von der freien Presse behandelt werden. Dr. Josef Schilcher

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