Mit einem fast beängstigenden Drehmoment Bis 11.000 Touren schafft Yamahas neue MT-09, deren Chassis besser sein könnte.
Starke Einbußen nach der Krise 2008 erlitt der weltweit zweitgrößte Motorradhersteller Yamaha. Ein strenges Sparprogramm verhinderte attraktive Neuheiten, die Verkaufszahlen stürzten ab. Doch mit Neuentwicklungen gelang nun die Wende.
Mit dem Erfahrungsschatz der ehrwürdigen XS-Modelle der 1970er-Jahre konstruierten die Yamaha-Techniker einen relativ simplen, kompakten Reihendreizylinder mit Vierventiltechnik, oben liegenden Nockenwellen, 847 Kubikzentimeter Hubraum und 115 PS. Ungewöhnlich mutet der Alurahmen an, der den Lenkkopf relativ hoch positioniert. Mit asymmetrischer Leichtmetallschwinge ergibt das einen kompakten Landstraßen-Roadster.
Geradezu zierlich wirkt die MT-09, mit schmaler Taille, angenehmen 810 Millimetern Sitzhöhe, 190 Kilogramm vollgetankt und mittig versammelter Sitzposition – so verspricht sie Fahrspaß pur. Ein Bösewicht aus Hamamatsu? Das Kürzel MT steht für „Masters of Torque“, die Herren des Drehmoments!
Über einen Schiebeschalter nimmt der Triple seine Arbeit sonor auf und bellt aggressiv aus dem kurzen Auspuff, der unter der „Bananenschwinge“hervorlugt. Was die MT-09 schon knapp über Standgas abruft, ist doch überraschend. Wie eine Turbine legt der Dreizylinder bis 11.000 Touren zu: Drehmoment in jeder Drehzahl, Drehfreude bis zum Begrenzer, durch die kurze Übersetzung gelingt der Spurt auf 100 km/h in unglaublichen 3,4 Sekunden.
Drei Fahrmodi sind wählbar: die mittlere Standardeinstellung, der etwas zu spontan geratene A-Modus und der weich einsetzende B-Modus, der gefühlsmäßig ein paar PS einbüßt, dessen Ansprechverhalten aber niemanden überfordert. Das Fahrwerk mit 137 Millimetern Federweg der Vordergabel und 130 des hinteren Zentralfederbeins gibt sich komfortabel. Will man jedoch das Potenzial der MT-09 ausreizen, kommt man schnell zur Einsicht, dass der italienisch aggressive Motor das japanische Chassis rasch überfordert. Für supersportliches Tempo bräuchte sie eine straffere und stärker gedämpfte Grundeinstellung. Bei einem Verbrauch von fünf Litern pro 100 Kilometer reicht der Tank (14 Liter) für 250 Kilometer. Da verlangt die etwas harte Sitzbank sowieso bald nach einer Pause. Als eines der leichtesten Geräte war klar, dass die Ausstattung auf das Notwendigste reduziert wurde. Das asymmetrische digitale Cockpit ist klein, aber informativ. Die Doppelscheibenbremse vorn mit den radial verschraubten Bremszangen und die Singlescheibe hinten verrichten ordentlich ihren Dienst. Inzwischen erweiterte Yamaha das Angebot im Baukastensystem und bietet zusätzlich die MT-09 Street Rally, die Sport Tracker, die Tracer und die XSR 900 an. 10.199 Euro für die MT-09 sind fast schon ein Schnäppchen.