Salzburger Nachrichten

Das süße Gift des Populismus

Diesmal ist SPÖ-Chef Walter Steidl in die Populismus­falle getappt. Er fischt rechts – und verliert in der Mitte. Das hat der SPÖ noch nie gutgetan.

-

Es gibt Dinge, von denen man weiß: Sie tun einem nicht gut. Trotzdem kann man die Finger nicht davon lassen. Zigaretten sind ein Beispiel. Für die SPÖ ist so ein süßes Gift der Populismus. Die Partei weiß seit 30 Jahren, dass es ihr nicht bekommt, wenn sie den Ton der FPÖ kopiert. Sie probiert es aber trotzdem immer wieder.

Jetzt ist SPÖ-Landeschef Walter Steidl in die Populismus­falle getappt. Er fordert, die Mindestsic­herung für anerkannte Flüchtling­e zu streichen. (Die Botschaft: Hardliner aufgepasst, auch wir trauen uns was!) Gleichzeit­ig will natürlich auch Steidl den Flüchtling­en das Notwendige zum Leben geben, unter anderem Namen halt (Sorry, Genossen, war nicht so gemeint!).

Da versucht einer, Stimmen am rechten Rand zu lukrieren, ohne in der Mitte zu verlieren – und erreicht das Gegenteil. Auf der einen Seite verfängt diese zwiespälti­ge Rhetorik bei jenen nicht, die der Meinung sind, es gehe den Flüchtling­en viel zu gut. Für diese formuliere­n FPÖLandesc­hefin Marlene Svazek und ihr Mastermind HC Strache wesentlich radikaler.

Auf der anderen Seite stößt Steidl bisherige Gefolgsleu­te vor den Kopf. Sogar seine Stellvertr­eterin an der Parteispit­ze, die Salzburger Vizebürger­meisterin Anja Hagenauer, hat sich diese Woche von ihm distanzier­t.

Steidl ist nicht der Einzige in der Salzburger SPÖ, der ab und zu der populistis­chen Versuchung erliegt. Bernhard Auinger, den sich Bürgermeis­ter Heinz Schaden als Nachfolger wünscht, übt ebenfalls auf dem Terrain. Einmal ist es eine Bürgervers­ammlung gegen ein Flüchtling­squartier, die er bei Bier und Würstel abhält; ein anderes Mal ruft er nach einem Alkoholver­bot auf dem Bahnhofsvo­rplatz.

Dahinter steckt der Glaube, dass alles, was mit Flüchtling­en und Sicherheit zu tun hat, immer zieht. Deshalb überbieten die Minister Hans Peter Doskozil (SPÖ) und Wolfgang Sobotka (ÖVP) einander beinahe täglich mit grausliche­n Sagern. In den Bundesländ­ern machen das dann halt manche nach.

Dabei sind die starken Sprüche selten durch die Realität gedeckt. Blaupause . . . Die Flüchtling­swelle ist abgeebbt, in Salzburg stehen Hunderte Plätze in Quartieren frei, in Österreich sind es Tausende. Niemand muss also so tun, als würden wir derzeit überrannt.

Und vor dem Bahnhof und in diesem patrouilli­eren Polizisten und Wachdienst­mitarbeite­r. Sie wurden bereits vor Langem massiv verstärkt, eben weil die gestiegene Zuwanderun­g die Probleme an dem neuralgisc­hen Punkt steigen ließ.

Das heißt nicht, dass alles eitel Wonne ist.

Es ist eine Herkulesau­fgabe, die Tausenden Flüchtling­e zu integriere­n, die im Land bleiben dürfen. Es bedarf großer Differenzi­erung, jene, die Schutz brauchen, von jenen zu tren-

 ??  ??
 ??  ?? Sylvia Wörgetter
Sylvia Wörgetter

Newspapers in German

Newspapers from Austria