„Die Politik redet dem Biertisch nach“
Wirtschaftsforscher Badelt ist unzufrieden mit der Debatte über die Mindestsicherung.
Der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Christoph Badelt, sieht in den gescheiterten Verhandlungen über eine Reform der Mindestsicherung ein „politisches Versagen“. Das Gewicht der Diskussion stehe nicht im Einklang mit den Kosten, weil die Mindestsicherung weniger als eine Milliarde Euro ausmache und damit nur rund ein Prozent der gesamten Sozialausgaben. Aber sozial werde „ein Feuer angezündet, das man schwer löschen kann“. Badelt warf der Politik vor, „dem Biertisch“nachzureden, indem die Mindestsicherungsbezieher und die Flüchtlinge mit Mindestpensionisten verglichen werden. „Wirklich empörend“findet es der WifoLeiter, dass man die Auszahlung der Mindestsicherung teilweise an Deutschkurse knüpfen wolle, weil man damit den Eindruck erwecke, dass Flüchtlinge nicht Deutsch lernen wollten. Gegen einen Deckel von 1500 Euro für Familien hat er nichts einzuwenden. Auch gemeinnützige Arbeit für Asylbewerber findet Badelt in Ordnung.
Eine Pensionsreform hält der Wifo-Chef langfristig für notwendig, weil das Budget die Kosten langfristig nicht aushalten werde. Den Kopf zerbrechen müsse man sich auch über den Übergang vom Erwerbsleben in die Pension, weil viele Menschen Gesundheitsprobleme hätten. Hier brauche es Prä- ventionsmaßnahmen. Die 100-Euro-Einmalzahlung zusätzlich zur Pensionsanpassung um 0,8 Prozent ist für Badelt „reiner Populismus“.
Eine seriöse Gesamtreform wünscht sich Badelt für die Steuern und Abgaben. Den Faktor Arbeit will er entlasten, Energie dafür stärker belasten. Bei Diesel ist er gegen die begünstigte Besteuerung, aber vor einer Streichung müsse man sich anschauen, wer davon wie betroffen wäre. Was die Vermögenssteuern betrifft, ist Badelt bezüglich einer Bestandsbesteuerung skeptisch.
„Ein Feuer, das man nur schwer löschen kann.“Christoph Badelt, Wifo-Chef