Kuba blickt nach Fidel Castros Tod in eine ungewisse Zukunft
Es gibt zwar mehr Spielraum für Reformen, aber in den USA wartet mit Donald Trump ein neuer Unsicherheitsfaktor.
Wenige Monate vor seinem 90. Geburtstag tauchte Fidel Castro Mitte April noch einmal auf dem Parteitag der Kommunistischen Partei auf. Körperlich schwach, aber im Kopf wach, kokettierte er mit seinem Tod und versicherte gleichzeitig, dass sein Land auch danach an den Idealen von damals festhalten werde. „Unseren Brüdern in Lateinamerika und der Welt sei gesagt: Das kubanische Volk wird siegen.“Es war wie ein letztes Aufbäumen, ein letzter Appell, das widerspenstige kommunistische Eiland nach seinem Tod nicht zu weit in Richtung Kapitalismus abtreiben zu lassen.
Dass Fidels Nachfolger Raúl Castro vieles anders machen will, hat er schon lange klargemacht. Blieb sein Bruder fast 48 Jahre an der Macht, will Castro II. nur noch bis 2018 regieren, dann sollen Jüngere ran. Als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge als Staats- und Regierungschef gilt Miguel Díaz-Canel. Er ist 56 Jahre und ein ähnlich vorsichtiger Reformer wie Raúl Castro. Raúl öffnete vor allem die Wirtschaftspolitik, gab der Kultur mehr Freiheiten und suchte international Allianzen, vor allem mit dem Erzund Lieblingsfeind USA. Aber nach innen habe Raúl am totalitären und repressiven Charakter des kubanischen Modells festgehalten, betont der Historiker Rafael Rojas. Tatsächlich schwebt der aktuellen Führung in Havanna ein chinesisches Entwicklungsmodell vor: wirtschaftliche Liberalisierung bei Beibehaltung des Einparteienstaates.
Weiter so, aber nur nicht zu schnell – das war die Leitlinie, die Raúl auch auf dem Parteitag vorgab. Keine Chance den Nostalgikern, die das Rad am liebsten bis in die Zeiten der Sowjetära zurückdrehen wollten, aber auch keine neoliberalen Rezepte für Kuba. Dabei hat der jüngere Castro die Probleme der Insel klar vor Augen: die Abhängigkeit von Importen und dem klammen Venezuela, zu geringes Wachstum, zu wenig Investitionen.
Der Tod von Übervater Fidel eröffnet nun die Chance auf eine Neuausrichtung. Die jungen Menschen zwischen Havanna und Santiago de Cuba konnten mit dem grauen und greisen Revolutionär nicht mehr viel anfangen. Die heute 15-Jährigen verbinden keine Erinnerung mit ihm, weil er seit zehn Jahren kaum noch öffentlich auftrat. Mit seinem Tod wird der ältere Castro endgültig zur Ikone und mythologischen Figur. „Die Trauerfeier wird voller melancholischer und rückwärtsgewandter Reden sein“, sagt Rojas. „Aber wenn der Bestattungsnebel verzogen ist, werden Raúls Reformen weiter und tiefer gehen und Kuba wird sich zu einem Staatskapitalismus oder sogar einer souveränen Demokratie entwickeln.“
Dabei gibt es aber ein unkalkulierbares Risiko: die USA und ihr künftiger Präsident Donald Trump. Was, wenn er wieder auf Konfrontation setzt? Kuba genieße für ihn keine Priorität, sagte Trump, aber er deutete an, dass er die politische Öffnung gegenüber der Insel rückgängig machen wolle. Trumps Kondolenzworte, die Fidel als „brutalen Diktator“bezeichneten, der „sein eigenes Volk fast sechs Jahrzehnte lang unterdrückt hat“, lassen nichts Gutes ahnen. Ohne Fidel, aber mit Donald – das sind zwei große Unsicherheitsfaktoren, mit denen Raúl jetzt umgehen muss.
Geht Washington auf Konfrontation, wird sich Havanna verschließen. Aber Kuba braucht die USA, die Investitionen, die Touristen, die Auslandsüberweisungen aus dem Nachbarland. Venezuela fällt als Sponsor mittelfristig aus. China und Russland werden diese Lücke weder füllen können noch wollen.
Kubas Führung verfolgt ein Modell wie China