Fillon schlägt Juppé bei Stichwahl klar
Mit einem strikt wertkonservativen Kurs geht François Fillon ins Rennen um das höchste Amt im Staat. Dort trifft er wahrscheinlich auf die Chefin der rechtsextremen Front National, Marie Le Pen.
Frankreichs Konservative haben den Wirtschaftsliberalen François Fillon zum Präsidentschaftskandidaten gekürt. In der entscheidenden Stichwahl am Sonntag setzte er sich wie erwartet klar gegen seinen Rivalen Alain Juppe durch. Fillon kam nach Auszählung von mehr als der Hälfte der Stimmen auf 68,4 Prozent, Juppé nur auf 31,6 Prozent. Der Sieger hat gute Chancen, in den Elysée-Palast einzuziehen. Zuvor müsste er bei der Präsidentenwahl im Frühjahr vermutlich der Chefin der rechtsextremen Partei Front National, Marine Le Pen, die Stirn bieten.
Es ist die Stunde des großen Triumphs für François Fillon: Noch vor wenigen Wochen galt der 62-jährige Abgeordnete als chancenlos bei der Vorwahl seiner Partei. Mit einem sehr wirtschaftsliberalen und strikt wertkonservativen Kurs hat Fillon die Wähler des bürgerlich-konservativen Lagers nun aber eindrucksvoll für sich gewonnen: Die 35Stunden-Woche will der einstige Premier von Staatschef Nicolas Sarkozy abschaffen, Steuern und Abgaben für Unternehmen senken, 100 Milliarden Euro einsparen und 500.000 Stellen im öffentlichen Dienst streichen.
„Brutal“und „ultraliberal“nannte das sein Kontrahent Juppé, Kritiker verglichen Fillon mit der „Eisernen Lady“Margaret Thatcher in Großbritannien – doch Fillon ließ sich davon nicht beeindrucken: „Mein Projekt ist radikaler und vielleicht auch schwieriger“, sagte er. „Wenn man will, dass das Land wieder auf die Beine kommt, müssen sich alle anstrengen.“Auch dass Gegner dem überzeugten Katholiken und fünffachen Familienvater erzkonservative Ansichten vorwarfen, ließ Fillon kalt. „Ich entschuldige mich nicht dafür, Werte zu haben: Ich glaube an die Familie, Arbeit, die Autorität des Staates.“Überhaupt ließ sich der 1954 in Le Mans geborene im Wahlkampf der Republikaner nie aus der Fassung bringen. Seine unerschütterliche Ruhe, seine sachlich vorgetragenen Argumente beeindruckten viele Wähler.
Das erklärte wohl auch den überraschenden Erfolg Fillons in der ersten Runde der Vorwahl. Umfragen hatten den 62-Jährigen lange Zeit abgeschlagen auf dem dritten Platz gesehen, alle gingen von einem Duell zwischen Juppé und Sarkozy in der Stichwahl aus. Doch in den Tagen vor der ersten Runde legte der Fan von Autorennen eine atemberaubende Aufholjagd hin und gewann die erste Runde sensationell mit großem Abstand.
So kegelte Fillon Sarkozy aus dem Kandidatenrennen – jenen Mann also, dem er von 2007 bis 2012 treu als Premierminister diente und der ihn in der Zeit abfällig als bloßen „Mitarbeiter“bezeichnete. Dass er Sarkozy bei der Vorwahl schlug, dürfte für Fillon eine besondere Genugtuung gewesen sein. Die jetzt errungene Präsidentschaftskandidatur ist der vorläufige Höhepunkt in der langen Karriere des Politikers, der meist im Schatten der anderen stand. Kontrahent Juppé hat ihm bereits seine Unterstützung zugesagt.
Bei den regierenden Sozialisten bahnt sich indes ein Machtkampf zwischen Premier Manuel Valls und Präsident François Hollande an. Valls schließt seine eigene Bewerbung bei der Vorwahl der Sozialisten im Jänner nicht mehr aus.