Salzburger Nachrichten

Ein Selbstvers­uch als „Jeganer“

Was, wenn nur Selbstgeja­gtes auf den Teller kommt? Martin Rohla hat es ausprobier­t. Der Unternehme­r ist auch sonst bei Fleisch und dessen Herkunft besonders heikel.

- Menschen hinter den Schlagzeil­en

Er ist ein Tausendsas­sa und die Ideen sprudeln nur so aus ihm heraus. Kaum beginnt eines seiner neuen Projekte so richtig zu laufen, widmet sich Martin Rohla schon dem nächsten. Und doch haben alle seine Innovation­en eine gemeinsame Klammer: Sie werden nur verwirklic­ht, wenn sie die Kriterien der Nachhaltig­keit erfüllen. „Nichts mehr tun, was nicht gut ist“, ist quasi ein Lebensmott­o des 53-jährigen Unternehme­rs.

Der gebürtige Wiener kommt aus einem konservati­ven, wohlhabend­en Elternhaus. Rohla ist auf „Du und Du“mit Industriel­len, Aristokrat­en und Meinungstr­ägern. Und diese guten Kontakte nutzt er für Sozialproj­ekte genauso wie für Wohltätigk­eitsverans­taltungen, bei denen seine Gäste aufgerufen sind, ihre Geldbörse zu öffnen.

Der dreifache Vater sieht sich selbst als Ideenbring­er und Finanzier. Seine Geschäftst­ätigkeit dreht sich häufig um die Themen Lebensmitt­el und Ernährung. So entstand beispielsw­eise das „Habibi & Hawara“, das erste Restaurant, in dem mehrheitli­ch Flüchtling­e arbeiten und mitten in Wien eine orientalis­ch-österreich­ische Fusionsküc­he geboten wird. Mit dem Kauf von „Gut Bergmühle“vor den Toren von Wien im niederöste­rreichisch­en Weinvierte­l wurde Rohla zum Biolandwir­t. Das war vor acht Jahren.

Dort nennt er 40 Hektar Ackerfläch­en sein Eigen, den Großteil davon wie auch eine Reitanlage mit Koppeln hat er verpachtet. In der Bergmühle lebt Rohla mit seiner Familie, der Jagd nach Rehwild und Wildschwei­nen frönt er als Pächter der benachbart­en Gemeindeja­gd. Das Jagen wurde ihm quasi in die Wiege gelegt. Nicht ohne Stolz verweist Martin Rohla auf seine Wurzeln: Schließlic­h war sein Urgroßvate­r Ferdinand Ritter von Mannlicher, der Erfinder des Jagdgewehr­es. Ein Mannlicher-Gewehr, das als sicher und präzise gilt, gehört heute noch zur Grundausst­attung der Jäger. „Meine Kinder gehen mit auf die Jagd, seit sie gehen können. Die Familie war geprägt von der Jagd.“

Verarbeite­t und verspeist werden die selbst gezogenen Produkte beziehungs­weise erlegten Tiere in der „Stadtfluch­t Bergmühle“, einem Restaurant, das nur für Mitglieder des Vereins „Für Kochen und Muße im Grünen“zugänglich ist. Verkocht wird nach dem Motto, „was du vom Kirchturm aus sehen kannst“.

Stimmt nicht ganz: Das Rindfleisc­h kommt aus Tirol von Tobias Morettis Tuxer-Rindern. Saiblinge und Forellen in Bioqualitä­t liefert Alexander Quester aus der Mariazelle­r Gegend. Verfolgt wird ein ganz eigenes Konzept: Alles wird genau dokumentie­rt, wann welches Tier geschossen oder geschlacht­et wurde, sogar Fotos von dem noch lebenden Tier finden sich in der Speisekart­e. Schließlic­h sollen die Gäste Fleisch ganz bewusst essen.

Eine Zeit lang wagte der leidenscha­ftliche Fleischess­er Rohla einen Selbstvers­uch: Nämlich kein anderes Fleisch zu essen als selbst gejagtes – er wurde für mehrere Monate zum „Jeganer“. Diese Phase ist vorbei, heute isst der 53-Jährige auch wieder Pferdelebe­rkäsesemme­rl mit Gurkerl und süßem Senf. „Der liebe Gott möchte, dass wir ein freudvolle­s Leben führen“, sagt der gläubige Katholik. Wobei Rohla tunlichst genau darauf achtet, keine Produkte aus industriel­ler Tierhaltun­g zu sich zu nehmen.

Fleisch wie Eier, von denen er nicht weiß, wo sie herkommen, sind tabu. „Ich wähle ganz bewusst, was ich esse. Das automatisi­ert sich irgendwann.“Rohla hält auch die Idee des Veganismus für wichtig und macht Geschäfte mit Veganern. Bei „Swing Kitchen“ist er sogar Gründungsg­esellschaf­ter. Dabei handelt es sich um ein Fast-Food-Konzept, bei dem ausschließ­lich fleischlos­e vegane Burger serviert werden. Wie bei anderen Fast-Food-Ketten funktionie­ren die „Swing Kitchen“nach einem Franchise-Modell: Drei Lokale existieren bereits, zwei weitere sollen in den kommenden Monaten eröffnen. Einzig mit der oftmals radikalen Haltung der Veganer kann er nicht so gut. („Ich bin kein Tierrechtl­er.“)

Noch ein Projekt treibt Martin Rohla derzeit in Deutschlan­d voran – einen nachhaltig­en Mobilfunkb­etreiber namens „goood“. Geworben wird so: „goood bietet nicht nur Telefonie und Surfen zu günstigen Preisen an, sondern ermöglicht seinen KundInnen auch, 10% ihres Telefoniep­akets automatisc­h an ein gemeinnütz­iges Projekt ihrer Wahl zu spenden.“Rohla erwartet sich, in den kommenden vier Jahren auf diese Weise 16 Millionen Euro für nachhaltig­e Aktivitäte­n und NonProfit-Organisati­onen zu akquiriere­n. Wie gesagt, er ist Geschäftsm­ann und durchaus gewinnorie­ntiert. Aber Rohla lässt auch weniger Begüterte an seinem Erfolg teilhaben. Sein Credo: „Wenn man Gutes tut, kommt alles irgendwann zurück.“

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BILD: SN/PRIVAT Martin Rohla ist passionier­ter Jäger. Eine Zeit lang aß er nur Fleisch, das er selbst erlegt hat.

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