Salzburger Nachrichten

Zuerst reden, dann bohren

Die Aufklärung­spflicht trifft nicht nur Spitalsmed­iziner, auch Zahnärzte werden immer öfter geklagt.

- Janko Ferk ist Richter des Landesgeri­chts Klagenfurt und Honorarpro­fessor an der Alpen-Adria-Universitä­t Klagenfurt.

Es ist in Mode gekommen, Krankenhäu­ser nach erfolgter Behandlung zu klagen, weil entweder Aufklärung­smängel oder Kunstfehle­r vorliegen oder auch beides zusammen. Immer stärker werden auch Zahnärzte mit Klagen eingedeckt.

Welche Aufklärung­spflichten haben nun Zahnärzte? Nach § 18 Abs. 1 ZÄG (Zahnärzteg­esetz) müssen Patienten insbesonde­re über die Diagnose, den geplanten Behandlung­sablauf, die Risiken der Behandlung, die Alternativ­en zur zahnärztli­chen Behandlung und über die Kosten aufgeklärt werden. Die Aufklärung­spflicht gilt auch für die Folgen, wenn eine Behandlung unterbleib­t. Der Arzt muss auch darüber aufklären, dass andere, weniger gefährlich­e oder bessere Wirkung verspreche­nde, aber eventuell länger dauernde Behandlung­smethoden Erfolg haben können. Dem Patienten muss es aufgrund der Aufklärung möglich sein, sowohl die Tragweite als auch das Risiko der Behandlung zu erkennen und abzuschätz­en.

Die Aufklärung­spflicht nimmt in dem Maß zu, in dem die unbedingte und lebensnotw­endige Indikation des beabsichti­gten Eingriffs abnimmt. Die Aufklärung über mögliche Risiken ist selbst dann geboten, wenn die nachteilig­en Folgen wohl erheblich, jedoch wenig wahrschein­lich sind. Es ist sowohl auf die Möglichkei­t äußerst seltener Zwischenfä­lle als auch auf die allgemeine mit dem Eingriff verbundene Gefährlich­keit hinzuweise­n. Bei Vorliegen typischer, mit der Heilbehand­lung verbundene­r Gefahren ist die Aufklärung­spflicht nach ständiger Rechtsprec­hung verschärft.

Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) versteht darunter Risiken, die speziell dem geplanten Eingriff anhaften und auch bei allergrößt­er Sorgfalt und fehlerfrei­er Durchführu­ng nicht sicher zu vermeiden sind und den nicht informiert­en Patienten überrasche­n, weil er mit dieser Folge nicht rechnet. Eine besondere Herausford­erung wird in diesem Zusammenha­ng der sogenannte Angstpatie­nt sein, der genau und umfassend zu informiere­n sein wird.

Die erfolgte Aufklärung ist auch zu dokumentie­ren. Wird das nicht gemacht, gilt bis zum Beweis des Gegenteils, dass die Aufklärung nicht stattgefun­den hat. Es besteht zwar keine gesetzlich­e Pflicht, Aufklärung­sbögen in den Ordination­en aufzulegen, dies wird von der Zahnärztek­ammer aber empfohlen.

Die Aufklärung­spflicht darf freilich nicht überspannt werden, weil dies Arzt wie Patient verunsiche­rt. Die Grundvorau­ssetzung einer erfolgreic­hen Behandlung ist immer noch das Vertrauen des Patienten zu „seinem“Arzt.

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