„Lewis zu schlagen ist stark“
Gerhard Berger misst Nico Rosbergs Erfolg an dessen Gegnern. Und ist von der Saison des Deutschen beeindruckt. Max Verstappen weckt in ihm Erinnerungen an Ayrton Senna.
Österreichs zehnfacher GP-Sieger Gerhard Berger verfolgte das Formel-1-Finale in Abu Dhabi hautnah – und zog im SN-Interview eine Saisonbilanz samt Ausblick auf 2017. Gerhard Berger: Auf jeden Fall. Jeder weiß, welches Kaliber Lewis (Hamilton) ist, und den zu schlagen ist eine gewaltige Leistung. Nico hat die WM vor zwei Jahren im letzten Rennen wegen technischer Probleme verloren, heuer ist er noch stärker geworden und hat seine Leistung gekrönt. Ich brauche mir nur die Führungsstruktur anschauen: Bei Mercedes haben wir Wolff, Lauda, Lowe (technischer Direktor, Anm.), Cowell (Motorenchef), Costa (Konstrukteur), bei Red Bull Horner, Marko, Newey (technischer Direktor) und Mateschitz im Hintergrund – solche Persönlichkeiten haben nur diese zwei Teams. Die hat Ferrari nicht, nicht auf diesem Niveau.
SN: Glauben Sie, dass Vettel schon zweifelt, ob der Wechsel zu Ferrari richtig war?
Als Sebastian zu Ferrari ging, wusste er wohl, dass er eine Truppe um sich wird aufbauen müssen. Ferrari hatte zu Schumachers Zeiten so eine geniale Mannschaft wie Mercedes oder Red Bull jetzt. Du brauchst Spitzenleute, die alle an einem Strang ziehen, ohne Querelen. Es gelingt Sebastian wohl derzeit nicht, diese Voraussetzungen zu schaffen. Die bleiben wohl gleich, auch wenn es in den ersten Rennen die eine oder andere Überraschung geben kann. Mercedes wird das Maß der Dinge sein, und die Frage ist, ob Renault den Rückstand so verringern kann, dass Red Bull um die WM mitfährt. Die Entwicklung von Renault war ja sehr gut, die Diskussionen des Vorjahres mit Red Bull haben sich gelegt. Ich hoffe, es geht so weiter wie heuer. Nicht unbedingt, aber wenn die Autos spektakulärer aussehen, ist das kein Fehler. Heute gibt es ja Seriensportwagen mehrerer Hersteller, die schon mehr beeindrucken als ein Formel-1-Auto. Er brachte frischen Wind in die Formel 1 und ist in jeder Hinsicht ein Gewinn. Dass er zu jung gewesen wäre, sagt heute keiner mehr. Sein Speed, seine Fahrzeugbeherrschung, sein Auftreten, das spricht schon alles für ein seltenes Ausnahmetalent. Es war unterhaltsam, ihm zuzuschauen. Ich mag üblicherweise diese Vergleiche nicht, und für mich war Senna einfach der Beste, den ich in meiner Karriere antraf. Aber ich gebe zu, es gibt da schon viele Ähnlichkeiten. Die Amerikaner haben jetzt einmal den ersten Teil erworben, der Kauf ist ja noch nicht abgeschlossen. Details sind noch nicht absehbar, aber mit der Erfahrung im Mediengeschäft sollte die Vermarktung der Formel 1 vor allem in neuen Medien durch Vollprofis ein Gewinn sein. Andrerseits muss man erkennen: Die Entwicklung der Formel 1 zu einem globalen Business auf heutigem Niveau hat allein Bernie (Ecclestone) vorangetrieben. Warten wir ab, ob dies jemand nach Bernie fortführen kann. Die Formel E ist Entertainment, aber kein Motorsport. Gar keine. Die muss er sich selbst setzen. Aber er hat sich jedes Jahr gesteigert, jetzt muss er den nächsten Schritt machen, auch wenn man manchmal lieber gleich zwei Schritte auf einmal sehen möchte. Er sollte konstant in der Spitze fahren und Formschwankungen vermeiden. Dann wird er auch ein Kandidat für die Meisterschaft sein. Vielleicht 2017, vielleicht erst 2018.