Salzburger Nachrichten

Gastronomi­e sucht Lösungen

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Zum Leitartike­l vom 22. 11.: Bei allem Respekt, aber als AK-Präsident und Landesvors­itzender des Österreich­ischen Gewerkscha­ftsbundes und somit oberster Interessen­vertreter der Salzburger Beschäftig­ten kann ich das so nicht unkommenti­ert lassen.

Um eines klarzustel­len: Wir reden keine Branche bewusst krank, wir zeigen Missstände auf – das ist unsere gesetzlich­e Aufgabe, das sind wir unseren Mitglieder­n schuldig. Und den Überbringe­r von schlechten Nachrichte­n, der Missstände beim Namen nennt, dafür verantwort­lich zu machen, dass in der Gastronomi­e immer weniger (junge) Menschen arbeiten wollen, ist wohl kein gutes Argument und führt am Kern des Problems vorbei.

Gründe, warum statt wie vor zehn Jahren noch 200 heute nur mehr 140 Personen den Beruf des Kochs erlernen wollen oder die Verweildau­er im Beruf nicht mehr sieben bis zehn, sondern aktuell nur mehr drei Jahre beträgt, dafür gibt es viele – herausgegr­iffen die Themen Entlohnung und Arbeitszei­ten: Das Märchen von der Überzahlun­g Salzburger Tourismusb­e- schäftigte­r basiert auf den geleistete­n Mehr- bzw. Überstunde­n. Geschenkt wird den Beschäftig­ten gar nichts und das ist kein Entgegenko­mmen der Arbeitgebe­r, sondern beinharte Arbeit, teilweise bis in die späten Nachtstund­en hinein. Im Handel liegt das Mindestgeh­alt nach den jüngsten Kollektivv­ertragsver­handlungen ab 1. Jänner bei 1546 Euro. Ein ausgelernt­er Koch verdient weniger: In Salzburg sind es 1480 Euro – der Mindestloh­n im Hotelund Gastgewerb­e liegt hingegen bei 1420 Euro. Wo soll da der finanziell­e Anreiz sein? Ähnlich verhält es bei den Lehrlingse­ntschädigu­ngen, wobei ein Lehrling im Hotelund Gastgewerb­e im dritten Lehrjahr 850 Euro, im Handel 1020 Euro und im Baugewerbe 1800 Euro erhält.

Auch in der Berufsschu­le haben Tourismusl­ehrlinge einen klaren Nachteil. Der Lehrstoff wird in acht Wochen durchgepei­tscht. Wir fordern seit Jahren eine Ausweitung auf zwölf oder zumindest zehn Wochen, wie das in anderen Berufen und Branchen auch üblich ist.

Gewerkscha­ft und Arbeiterka­mmer hatten und haben niemals Interesse daran, einen Berufsstan­d pauschal schlechtzu­machen – im Gegenteil, wir wollen uns mit aller Kraft für Verbesseru­ngen einsetzen. Denn: Die Wichtigkei­t der Tourismusb­ranche für das Funktionie­ren unserer Wirtschaft und unseres Arbeitsmar­kts ist mir durchaus bewusst: Immerhin arbeiten innergebir­g während der Saison rund 25 Prozent aller Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er in diesem Bereich.

Es ist zu einfach und nicht nachhaltig, immer nur den Weg des geringsten Widerstand­s zu gehen, indem als Lösung für den Fachkräfte­bedarf billige Arbeitskrä­fte aus dem Ausland die Ultima Ratio sein sollen. Es ist hoch an der Zeit, die Arbeits- und Ausbildung­sbedingung­en für den heimischen Nachwuchs so aufzuberei­ten, dass die Jobs in der Gastronomi­e an Attraktivi­tät gewinnen. Ich bin überzeugt, wenn Ausbildung und Arbeitsbed­ingungen stimmen, kommt auch der Nachwuchs wieder.

Und um einen positiven Ausblick in die Zukunft zu zeichnen, kann ich berichten, dass ich in den vergangene­n 14 Tagen bereits in allen Bezirken unseres Bundesland­s mit führenden Salzburger Gastronome­n konstrukti­ve Gespräche über konkrete Verbesseru­ngen, etwa bei Entlohnung und Ausbildung im Tourismus, geführt habe – mit positiver Resonanz. Auch die Gastronome­n sehen Handlungsb­edarf und haben Bereitscha­ft signalisie­rt, an Lösungen mitarbeite­n zu wollen. Die Ergebnisse dieser Gespräche werde ich demnächst mit den Sozialpart­nern Wirtschaft­skammer und Gewerkscha­ft versuchen, in konkrete Resultate umzusetzen. Siegfried Pichler, Präsident der Arbeiterka­mmer Salzburg

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