Der Kampf gegen die Freileitung geht ins Geld
Gemeinden und Bürgerinitiativen stecken Hunderttausende Euro in den Widerstand gegen die 380-kV-Leitung. Ein Ende ist nicht absehbar.
Der Kampf gegen die geplante 380-kV-Freileitung und für das Erdkabel ist teuer. Die Kosten haben die Millionengrenze längst überschritten. Die Projektgegner lassen sich dennoch nicht entmutigen. Einer der erbittertsten Gegner der neuen Höchstspannungsleitung, die von Elixhausen nach Kaprun führen soll, ist der Eugendorfer Bürgermeister Hans Strasser (ÖVP). Der Ortschef ist dabei „eher fürs Grobe zuständig – falls erforderlich“, wie er in einem offenen Brief an seine Bürger schreibt. Der Brief ist in der Weihnachtsausgabe der Gemeindezeitung abgedruckt. Strasser wirbt darin um Verständnis für die hohen Ausgaben im Kampf gegen die 380-kV-Freileitung. Eugendorf habe bisher, ebenso wie die Nachbargemeinde Koppl, rund 650.000 Euro für Gutachten und für die Rechtsvertretung aufgewendet. Strasser: „Zugegeben, das ist sehr viel Geld. Doch sind wir es unserer Jugend und deren Zukunft schuldig, mit Bestimmtheit gegenzusteuern.“
Der Eugendorfer Bürgermeister beklagt die fehlende Unterstützung durch die Bundes- und Landespolitik. Unterstützung gebe es höchstens in Sonntagsreden. Darauf könne man verzichten. Die Gemeindevertretungen von Koppl und Eugendorf würden alles unternehmen, damit die Leitung in der Erde verlegt werde. „Wir haben nichts gegen den Stromhandel und den dafür notwendigen Transportweg – aber nicht über unsere Köpfe hinweg.“Er sei zu 100 Prozent davon überzeugt, dass „uns die Zukunft recht geben wird“. Im Schulterschluss mit Strasser setzt sich auch sein Koppler Kollege, Bgm. Rupert Reischl (ÖVP), seit Jahren für die Verkabelung ein.
Doch das Amt der Landesregierung mit der ressortzuständigen grünen LH-Stellvertreterin Astrid Rössler hat die umstrittene Freileitung vor einem Jahr in erster Instanz genehmigt. Und die Kabelkämpfer müssen weitere Rückschläge hinnehmen. Die Gemeinde Adnet ist bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft mit ihrer Sachverhaltsdarstellung abgeblitzt. Es ging um den Verdacht der Bestechung, weil der Projektbetreiber Austrian Power Grid (APG) 2014 der Gemeinde 69.000 Euro je Trassenkilometer angeboten hatte. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren nach mehr als zweijährigen Ermittlungen eingestellt. Es liege kein korruptionsstrafrechtlicher Vorteil vor (SN vom 24. Dezember).
Bgm. Wolfgang Auer (ÖVP) sagt, er kenne diese Entscheidung offiziell nicht. Die Gemeinde werde prüfen, ob sie rechtlich noch etwas dagegen unternehmen könne. Aber das ist ohnehin nur eine Nebenfront.
Im 380-kV-Umweltverfahren selbst ist Auer zuversichtlich, dass „die Chance, dass das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid des Landes kippen wird, noch nie so gut war“. Zu den Kosten der Gemeinde Adnet sagt der Ortschef: „Bei uns ist das minimal, total überschaubar.“Es gehe wohl nur „um ein paar tausend Euro“. Ähnliches gelte für Tennengauer Nachbargemeinden. Zum Teil sei man von ehrenamtlichen Rechtsvertretern gratis unterstützt worden. Adnet arbeitet rechtlich eng mit einer Bürgerinitiative, der Interessengemeinschaft Erdkabel, zusammen, die sich wiederum auf Spenden ihrer Mitglieder und Sponsoren stützt.
Den bisherigen finanziellen Aufwand der IG Erdkabel beziffert ihr Präsident Theodor Seebacher mit 70.000 bis 80.000 Euro – vor allem für Anwälte und die Homepage, sagt er. Dazu komme aber die viele ehrenamtliche Arbeit seines Teams in der Freizeit. „Wir übernehmen alle Kosten. Das Team ist unser Kapital. Wir
„650.000 Euro sind viel Geld. Aber es ist für unsere Jugend.“Hans Strasser, Bgm., Eugendorf
„Das Team ist unser Kapital. Wir haben sehr viel erreicht.“Theo Seebacher, IG Erdkabel, Adnet
haben – mit Gemeinden, die uns unterstützen – schon gewaltig viel erreicht.“
Die IG Erdkabel hat einen prominenten Rechtsanwalt aus Wien, Wolfgang List. Natürlich koste der Anwalt „eine Stange Geld“, räumt Seebacher ein. Aber List habe in diesem Verfahren die Chance, sich weiter zu profilieren, und verlange ein kostendeckendes und erschwingliches Honorar. List war früher im Umweltministerium tätig und wisse, „wie der Hase läuft“, meint Bürgermeister Auer. Bei der Staatsanwaltschaft abgeblitzt ist übrigens nun auch die IG Erdkabel mit Vorwürfen gegen ein angeblich falsches Gutachten eines Umweltmediziners. Das Verfahren wurde eingestellt. Die Kabelbefürworter wollen dennoch rechtlich weiterkämpfen.