Salzburger Nachrichten

In der Arbeitsmar­ktpolitik wartet viel Arbeit

Die Arbeitslos­igkeit ist die größte Herausford­erung für die Regierung. Das erfordert Ausdauer, schnelle Erfolge sind nicht zu erwarten.

- Richard Wiens RICHARD.WIENS@SALZBURG.COM

Dass der Vergleich sicher macht, stimmt sehr oft, aber eben nicht immer. Vergleicht man die Arbeitsmär­kte in Österreich und Deutschlan­d, dann macht das höchst unsicher und wirft die Frage auf: Warum läuft es auf dem Arbeitsmar­kt in unserem Nachbarlan­d seit Jahren so viel besser als in Österreich?

In Deutschlan­d ist die Arbeitslos­enrate seit dem Höchststan­d 2005 stark rückläufig – damals waren fast 4,9 Millionen Bürger ohne Job. 2016 ist die Zahl der Arbeitslos­en in Deutschlan­d mit knapp 2,7 Millionen auf den tiefsten Stand seit einem Vierteljah­rhundert gesunken. In Österreich passiert exakt das Gegenteil. Hier nimmt die Arbeitslos­igkeit seit Jahren stetig zu und erreichte 2016 mit rund 425.000 Personen im Jahresdurc­hschnitt ein absolutes Rekordhoch. Während das Größenverh­ältnis bei der Zahl der Erwerbstät­igen (Selbststän­dige und unselbstst­ändig Beschäftig­te) zwischen Österreich und Deutschlan­d rund 1 zu 10 beträgt, liegt es bei den Arbeitslos­en bei nur etwas mehr als 1 zu 6. Das Resultat: Österreich hat seinen langjährig­en Spitzenpla­tz verloren und belegt bei der Arbeitslos­igkeit im EU-Vergleich nur mehr Rang neun, Deutschlan­d liegt auf Platz zwei.

Sind die Deutschen wirklich um so viel besser? Darauf gibt es kein klares Ja oder Nein. Deutschlan­d hat ab 2003 mit der Agenda 2010 und den Hartz-Reformen seinen Arbeitsmar­kt massiv umgebaut, flexibler gemacht. Das bedeutete tiefe Einschnitt­e, Arbeitslos­en wurde mehr zugemutet, es entstanden Minijobs, deren Einkünfte nicht zum Leben reichten, sehr viele haben daher einen Zweitjob. Anderersei­ts gelang vielen der Wechsel in ein reguläres Arbeitsver­hältnis.

Dazu kommt, dass Deutschlan­d zwar das Rentenalte­r schrittwei­se auf 67 Jahre erhöht, aber die Tür zur Frühpensio­n mit der Rente mit 63 wieder etwas öffnete. Auch das wirkt positiv auf den Arbeitsmar­kt. Anders in Österreich, das den Gang in die Frühpensio­n erschwert, dafür aber mehr ältere Arbeitslos­e hat.

Zudem ist Österreich von der Zuwanderun­g stärker betroffen als der Nachbar und schlägt daraus kaum Kapital. Statt Mängel zu beseitigen, handelt man sich mit der Migration Probleme ein – nicht erst seit der Flüchtling­skrise. Österreich hat es gegen den Rat aller Experten nie geschafft, die Zuwanderun­g nach im Land benötigten Qualifikat­ionen zu steuern.

Damit sich die Arbeitsmar­ktlage wieder bessert, müssen viele Hebel bewegt werden – von der Arbeitszei­t über Zumutbarke­itsbestimm­ungen für Arbeitslos­e bis zu einer Einwanderu­ngspolitik, die den Zuwanderer­n hilft und der Volkswirts­chaft nützt.

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