Über den Tod hinaus wird er gefeiert
Zu David Bowies Geburts- und Todestag lassen Kollegen und Fans seine Musik hochleben. Sein Lebenswerk birgt noch immer Überraschungen.
Der Popstar würde bald seinen 70. Geburtstag feiern können. Vor einem Jahr ist David Bowie gestorben. Sein Lebenswerk birgt aber immer noch mancherlei Überraschungen. Zum Geburts- und zum Todestag lassen Kollegen und Fans seine Musik hochleben.
Vor dem überlebensgroßen Porträt, das an einer Häuserwand in David Bowies Geburtsort im Londoner Stadtteil Brixton prangt, werden sich in den kommenden Tagen wieder viele Fans versammeln. Und vielleicht werden sich die Blumensträuße wieder zu kleinen Bergen türmen – genau wie vor einem Jahr, als die Nachricht vom Tod des Popstars um die Welt ging. Am 10. Jänner 2016 starb David Bowie: zwei Tage nach seinem 69. Geburtstag, und damit auch zwei Tage nach Erscheinen seines Albums „Blackstar“. Am 8. Jänner hatte er seine Geburtstagsplatte veröffentlicht.
Der Jänner 2017 ist für BowieFans deshalb nun ein Trauer- und Feiermonat zugleich: Nur zwei Tage liegen der erste Todestag und der 70. Geburtstag auseinander. Weltweit lassen Musiker und Verehrer rund um diese beiden Daten seine Musik hochleben.
Das erste und größte TributeKonzert findet als Geburtstagsfest am 8. Jänner in Brixton statt: Mehrere Dutzend Mitwirkende, darunter Weggefährten aus den verschiedenen Bands, die Bowies häufige Rollenund Stilwechsel begleiteten, spielen sich durch sein Lebenswerk.
Doch gefeiert wird nicht bloß in London. In New York, Los Angeles und Tokio macht die Show mit dem Titel „Celebrating David Bowie“ebenfalls Station. Und zwischen Berlin und Wien, Adelaide und Salzburg spielen in vielen weiteren Städten prominente Bowie-Kollegen oder auch lokale Bands seine Songs. In Dublin wird sogar ein einwöchiges Bowie-Festival geboten. In Northampton will ein Uni-Symposium literarische Bezüge im Bowie-OEuvre entschlüsseln. In den USA und Australien taucht sein Name in den Programmen von symphonischen Konzerten auf: Orchester entdecken David Bowie als „Klassiker“für sich. Währenddessen wird andernorts an der Auferstehung einer der berühmtesten Kunstfiguren aus dem BowieOEuvre gearbeitet.
David Bowies Produzent Tony Visconti will Ziggy Stardust wieder Gitarre spielen lassen. Visconti ist Mitglied einer prominent besetzten Bowie-Cover-Band namens Holy Holy, in der auch Bowie-Gefährte Woody Woodmansey Schlagzeug spielt. 2017 wollen sie den AlbumKlassiker „The Rise and Fall of Ziggy Stardust“live und werkgetreu auf die Bühne bringen (ab März).
Mit einer unspektakulären Bemerkung führte Bowie seinen Helden Ziggy Stardust 1972 ein: „Ziggy played guitar . . .“, hieß es in der ersten Songzeile. Doch mit der Figur des exzentrischen Popstars, der über eine gleichsam außerirdische Anziehungskraft verfügte, schuf Bowie sich früh ein mächtiges Alter Ego. So oft er nach der StardustPhase seine Erscheinungsbilder auch wechselte: Das Lebensgefühl, von einem anderen Stern zu sein, klang in vielen Bowie-Songs durch, vom frühen „Space Oddity“bis zum finalen „Blackstar“. Ob Bowies letztes Album wirklich einen Schlussstrich bedeutet, ist allerdings nicht gesagt.
Fans und Sammler warten durchaus noch auf Überraschungen aus den Archiven einer fünf Jahrzehnte währenden Karriere. Produzent Visconti hatte bald nach Bowies Tod angedeutet, dass der Popstar selbst noch akribische Pläne für jährliche Veröffentlichungen nach seinem Tod erstellt habe. Wie viele ungehobene Schätze könnte Bowies Nachlass noch bergen?
Der posthume Veröffentlichungsreigen begann im Vorjahr mit einer Box, in der neu aufgelegte Alben samt Alternativ-Versionen zu Songs aus den Jahren 1969 bis 1973 vereint sind. Für eingefleischte Fans und Kenner sei allerdings „bislang noch nicht sehr viel Neues dabei gewesen“, sagt der Salzburger BowieSammler Oliver Baumann. Beim Salzburger Tribute-Konzert zu Bowies Geburts- und Todestag im Rockhouse (am 13. Jänner) wird er eine Einführung in den Bowie-Kosmos geben, bevor eine Band um den Salzburger Sänger Mike Fink einen Querschnitt aus Bowies Gesamtwerk aufführen und dabei sicher auch Ziggy Stardust wieder Gitarre spielen lassen wird.
In Sachen posthumer Veröffentlichungen sei zu erwarten, dass in den kommenden Jahren dieses offizielle Gesamtwerk Bowies wieder aufgelegt und für neue Fan-Generationen aufbereitet werde. Akribische Sammler dürften die meisten der Bonustracks, mit denen solche Boxen-Editionen gern locken, freilich ebenfalls schon kennen. „Doch in diversen Fan-Foren wird auch darüber spekuliert, dass nach dieser ersten Phase an Wiederveröffentlichungen tatsächlich auch einige Schätze für den harten Kern der Kenner erstmals veröffentlicht werden könnten“, erläutert Baumann. Worauf Bowie-Kundler und Davidologen sehnsüchtig warten würden?
Zum Beispiel auf eine vollständige Ausgabe des nie erschienenen Albums „Toy“, erzählt der Salzburger Pädagoge und Musiker, der selbst mehr als 300 Bowie-Alben und Konzertmitschnitte in seinem Archiv hat. Ebenfalls bisher unveröffentlicht sei der Soundtrack zum Film „The Man Who Fell to Earth“. Und ein komplettes Konzertvideo der „Diamond Dogs“-Tour von 1974, deren Shows zwar von BBC-Kameras mitgeschnitten, aber noch nie vollständig herausgegeben worden seien, stehe bei Sammlern auf der Wunschliste ohnehin oben.
Vielleicht gibt es auch Demo-Versionen für ein Album, an dem Bowie nach „Blackstar“angeblich noch arbeiten wollte? Der Stoff für Spekulationen geht nicht aus. Dass 2017 ein David-Bowie-Jahr werden könnte, zeigt auch die Liste der Nominierungen für die Grammy Awards: Fünf Mal ist sein letztes Album „Blackstar“für die wichtigsten Preise der Musikindustrie nominiert.
„Einige Schätze könnten erstmals veröffentlicht werden.“ Oliver Baumann, Bowie-Sammler