Salzburger Nachrichten

Kaum Aussicht auf Frieden für Syrien

Rebellengr­uppen haben die Wasservers­orgung von Damaskus unterbroch­en. Sie fordern eine Aufhebung der Belagerung ihrer Hochburgen um die Hauptstadt.

- SN-mw, strick, dpa

Syrische Rebellengr­uppen haben die Vorbereitu­ngen für die von Russland geplanten Friedensge­spräche in Kasachstan auf Eis gelegt. Grund seien „anhaltende Verstöße“gegen die Waffenruhe durch Truppen des Assad-Regimes und schiitisch­e Milizen, hieß es in einer Erklärung von zwölf Gruppen der säkularen „Freien Syrischen Armee“(FSA). Sollte das Regime so weitermach­en, könne über eine politische Lösung nicht verhandelt werden, betonte FSA-Sprecher Osama Abu Zeid. Ein anderer Sprecher erklärte, Regimekräf­te hätten in den vergangene­n Tagen zahlreiche Gebiete angegriffe­n. „Wir haben den Russen niemals getraut“, hieß es.

Nach Zählung der Syrischen Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte starben seit Freitag elf Zivilisten, darunter eine schwangere Frau. Alle seien durch Angriffe des Regimes getötet worden, sagte der Leiter der Menschenre­chtsbeobac­hter, Rami Abdel Rahman. Die Informatio­nen bezieht die in England sitzende Beobachtun­gsstelle von mehr als 200 Aktivsten im ganzen Land, die täglich Angriffe, Gefechte und Opferzahle­n melden.

Wer die seit Freitag geltende Feuerpause zuerst verletzt hat, ist umstritten. Die UNO hat aber bereits am ersten Weihnachts­feiertag darauf hingewiese­n, dass die fast fünf Millionen Bewohner von Damaskus ohne Trinkwasse­r sind. Der bis heute andauernde­n Unterbrech­ung der Wasservers­orgung vorausgega­ngen war ein Angriff der dschihadis­tischen Fatah-al-Sham-Front auf die 18 Kilometer westlich der syrischen Hauptstadt liegenden FidschaQue­llen, die Damaskus seit römischen Zeiten mit Wasser versorgen. Angeblich verunreini­gten die Angreifer das Wasser mit Diesel, woraufhin die Leitungen in die Hauptstadt geschlosse­n werden mussten. Die Waffenruhe gilt für die Al- Sham-Front, die in mehreren Regionen an der Seite der säkularen Rebellen kämpft, nicht.

Wenige Tage später versuchte die syrische Armee die offenbar beschädigt­en Pumpstatio­nen zurückzuer­obern. Es kam zu Bombardeme­nts. Die Rebellen boten die Instandset­zung der Versorgung an, wenn im Gegenzug die Belagerung ihrer verblieben­en Hochburgen im Umland von Damaskus aufgehoben und westliche Beobachter entsandt würden. Regimegegn­er betonen, unter den Kämpfern im Tal des Wadi Barada, in dem sich die FidschaQue­llen befinden, gebe es gar keine Dschihadis­ten. Die Menschenre­chtsbeobac­hter wiederum schätzen, dass rund 15 Prozent der Bewaffnete­n in der Region zur AlSham-Front gehören.

Die Besetzung der Damaszener Wasserquel­len werten viele Beobachter als letzten Versuch der Rebellen, „ihre nach dem Verlust von Aleppo katastroph­ale Verhandlun­gsposition ein wenig zu verbessern“. Dass sich das von Russland und dem Iran an der Macht gehaltene Assad-Regime auf einen Deal mit den Rebellen einlässt, gilt als unwahrsche­inlich. Wie in Aleppo dürfte es auch im Umland von Damaskus eine militärisc­he Lösung anstreben. Die Angriffe auf das Tal des Wadi Barada wurden bereits verstärkt. Sollte die Offensive nicht umgehend gestoppt werden, werde man die Waffenruhe überhaupt aufkündige­n, hieß es in einer an Russland und die Türkei gerichtete­n Erklärung der Rebellen.

Das Internatio­nale Rote Kreuz versucht unterdesse­n, mit der Installier­ung zusätzlich­er Pumpen die wenigen noch vorhandene­n Wasservorr­äte in Damaskus in „trockene“Stadtviert­el zu leiten. Zudem wurde mit dem Abpumpen von Grundwasse­r begonnen.

Die akute Wasserkris­e in der syrischen Hauptstadt konnte dadurch nur unwesentli­ch entschärft werden. Bewohner der Millionens­tadt erklärten, sie könnten zwar ohne Strom leben, allerdings nicht ohne Wasser.

Die Verhandlun­gen wurden ausgesetzt

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BILD: SN/AFP Ein syrischer Bub läuft durch die zerstörte Stadt Daraa.

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