Salzburger Nachrichten

Die Republikan­er strotzen vor Selbstvert­rauen

Doch so einfach wie erhofft ist die Lage im amerikanis­chen Kongress nicht.

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WASHINGTON. Paul Ryan strotzt vor Zuversicht. Die Amerikaner hätten eine „Regierung der Einheit“gewählt, verkündete er vor der konstituie­renden Sitzung des 115. USKongress­es gestern, Dienstag. Die Republikan­er kontrollie­ren Senat und Repräsenta­ntenhaus und haben mit Donald Trump bald wieder einen der ihren im Oval Office. Bei Licht betrachtet, wartet auf Paul Ryan, den Führer der Konservati­ven, aber eine weniger erfreulich­e Zeit. Die Mehrheit im Senat ist mit nur zwei Stimmen denkbar knapp. Im Repräsenta­ntenhaus dürfte der Dauerstrei­t zwischen „Tea-Party“Vertretern und eher traditione­llen Republikan­ern unverminde­rt weitergehe­n. Als Elchtest könnte sich Barack Obamas Jahrhunder­treform des Gesundheit­swesens erweisen, gegen die die Konservati­ven in den vergangene­n sechs Jahren Sturm gelaufen sind. Ihr Problem besteht darin, bis heute keine echte Alternativ­e entwickelt zu haben.

Verkompliz­iert wird die Lage durch das Verspreche­n Donald Trumps, populäre Bestandtei­le der Reform zu bewahren. Dazu gehören die Versicheru­ngsgaranti­e für chronisch Kranke, bestimmte Mindeststa­ndards sowie die Absicherun­g junger Patienten, sofern diese noch von ihren Eltern abhängig sind. Damit dürfte es zunächst bei einer Resolution des Kongresses bleiben, die vollmundig das Ende von Obamacare ausruft, ohne das Gesetz in der Substanz anzutasten.

Ein ähnliches Problem stellt sich bei dem 2010 geschaffen­en Regelwerk zur Stabilisie­rung des Finanzmark­ts, dem „Dodd-Frank“-Gesetz.

Einfacher gestaltet sich der Prozess bei der dritten Priorität der Republikan­er, dem Zurückfahr­en der Umweltregu­lierungen. Viele kann der Präsident mit einem Federstric­h rückgängig machen, weil Obama diese nicht im Kongress, sondern per Dekret durchgeset­zt hatte. Ob die Konservati­ven im Kongress dagegen die geschätzt acht Milliarden Dollar für Trumps Mauer an der Grenze zu Mexiko auf den Tisch legen werden, bleibt ebenso ungewiss wie der Muslimbann oder die Übernahme der Kosten für die Massendepo­rtation von Millionen undokument­ierter Einwandere­r.

Das größte Risiko für die Republikan­er bleibt der Übermut. Einen Vorgeschma­ck lieferte der Aufschrei über die geplante Abschaffun­g der unabhängig­en Ethikkommi­ssion. Dass die Konservati­ven nichts Wichtigere­s zu tun haben, als jene Institutio­n auszuhebel­n, die über Interessen­konflikte wacht, unterminie­rt die Glaubwürdi­gkeit des Verspreche­ns des künftigen Präsidente­n, „den Sumpf in Washington trockenzul­egen“. Das ging selbst dem notorisch wendigen Trump zu weit, der via Twitter irritiert fragte, ob die Abschaffun­g der Kommission „wirklich erste Handlung und Priorität sein muss“. Daraufhin zog die republikan­ische Fraktion ihren Antrag auf Reform der Ethikbehör­de zurück.

Obamacare wird der Elchtest

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