Powernahrung stärkt die Kleinsten
Mit einer von ihnen neu entwickelten Ernährungsstrategie haben Mediziner der Universität Wien Erfolg bei der Behandlung von Frühchen. Die Kinder legen dadurch schneller zu und können stärker ins Leben entlassen werden.
Frühgeborene Kinder benötigen ganz besondere Pflege und Zuwendung. Vor allem ihre noch nicht ganz ausgereiften Organe können den Kleinen große Probleme bereiten. Ihre Ernährung ist daher von zentraler Bedeutung. Denn je mehr die Babys zulegen, desto stärker werden sie. Ein neues Therapiekonzept, ausgearbeitet von den Forschern der Medizinuniversität Wien, kann ihnen auf dem Weg ins Leben helfen.
Vor allem die kleinsten Frühgeborenen, die bei ihrer Geburt weniger als ein Kilogramm wiegen, nehmen während ihres langen Krankenhausaufenthalts eher schlecht zu. Jetzt konnten Mediziner aus Wien zeigen, dass eine Ernährung, die vor allem Eiweiß, also wichtige Proteine zur Zellbildung, enthält, eine deutliche Verbesserung des Gesundheitszustands des Babys hervorruft. Die winzigen Geschöpfe wachsen, werden schnell kräftig und in all ihren Lebensfunktionen immer stabiler.
„Bisher war man bei der Ernährung dieser kleinen Frühgeborenen extrem vorsichtig, vor allem aus Angst vor einer möglichen Darmentzündung“, erklärt Andreas Repa von der Universitätsklinik für Kinderund Jugendheilkunde im AKH Wien. „Unsere Datenanalyse zeigt aber, dass unsere neue Strategie, gestützt auf vorangegangene Studien, viel bessere Erfolge zeigt.“Die Kinder konnten mit einem höheren Gewicht von 2,5 Kilogramm (gegenüber durchschnittlich zwei Kilogramm bei bisher üblicher Ernährung) aus dem Spital entlassen werden, außerdem legten sie beim Kopfumfang und bei der Körpergröße gegenüber anderen Frühgeborenen, die weniger hochkalorisch ernährt worden waren, um jeweils einen Zentimeter zu. Repa: „Das zeigt, dass diese Änderung der Ernährung sehr erfolgreich ist. Diese allerkleinsten Frühgeborenen verlassen gestärkt das Spital und sind später nicht viel kleiner als reif geborene Kinder.“
Neu ist bei der Therapie, dass über eine Sonde und per Infusion den kleinen Kindern mehr Eiweiß zur Verfügung gestellt wird. Zu der Powernahrung kommen noch Vitamine, Kalzium und Zucker. Damit wurde bei den extrem unreifen Frühgeborenen, die vor der 28. Schwangerschaftswoche mit rund einem Kilogramm Geburtsgewicht zur Welt kamen, jene Nährstofflücke geschlossen, die sich durch die frühe Geburt ergibt.
Eine Schwangerschaft dauert gewöhnlich 40 Wochen. In dieser Zeit kann das noch ungeborene Kind an all diese Nährstoffe einfach und praktisch durch den Mutterkuchen gelangen. Geschieht das nicht, hat das Kind einen eklatanten Nahrungsmangel.
Diese neue Strategie ist ein weiterer Baustein für die höchst erfolgreiche Betreuung von Frühgeborenen an der MedUni Wien bzw. im AKH Wien. Jährlich werden hier zirka 200 Kinder versorgt, die vor der 32. Schwangerschaftswoche geboren werden. Allein 100 davon kamen zwischen Schwangerschaftswoche 23 und 27 zur Welt, sind also bis zu 17 Wochen zu früh dran und benötigen daher auch alle Hilfe, die sie bekommen können, um zu gedeihen. Die spezielle Nahrung scheint ihnen besonders gut zu tun. Bisher überleben 70 Prozent dieser winzigen Kinder am AKH Wien. Eine Zahl, die im internationalen Vergleich (50 Prozent) sehr gut ist. Die Mediziner hoffen nun, mit dieser neuen Ernährung noch mehr kleinen Babys helfen zu können.