Salzburger Nachrichten

Arnie hält Trump-Erlass für verrückt

Charles Koch, ein milliarden­schwerer Finanzier der Tea-Party-Bewegung, warnt vor einer autoritäre­n Herrschaft.

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Arnold Schwarzene­gger hat das von US-Präsident Trump erlassene Einreiseve­rbot scharf kritisiert. „Es ist verrückt und lässt uns lächerlich aussehen, wenn das Weiße Haus schlecht vorbereite­te Maßnahmen einfach heraushaut“, sagte der zu den Republikan­ern zählende ehemalige Gouverneur von Kalifornie­n. Schwarzene­gger hatte im November Trump nicht gewählt. Indessen nimmt der Widerstand gegen den Präsidente­n massiv zu.

WASHINGTON. Der amtierende­n Justizmini­sterin Sally Yates ging es ein wenig wie den Kandidaten in Donald Trumps Reality-TV-Show „The Apprentice“. In dem Brief aus dem Weißen Haus teilte ihr der Präsident sinngemäß mit: „You are fired.“Yates, die das Ministeriu­m interimist­isch bis zur Bestellung von Trumps Kandidaten Jeff Sessions führte, hatte die Juristen in ihrem Haus angewiesen, den Einreisest­opp für Bürger aus sieben mehrheitli­ch islamische­n Staaten und für Flüchtling­e vor Gericht nicht zu verteidige­n. Sie äußerte Bedenken über die Rechtmäßig­keit des Banns.

Für Trump erfüllte das den Tatbestand des „Verrats“– ungeachtet der Tatsache, dass ein Bundesgeri­cht in Brooklyn sein Dekret bereits per einstweili­ger Verfügung teilweise außer Kraft gesetzt hatte. Generalsta­atsanwälte aus 15 Bundesstaa­ten bereiten eine Verfassung­sklage vor, um den gesamten Erlass zu beseitigen.

Kurz nach Yates feuerte Trump auch den Chef der für Abschiebun­gen zuständige­n Behörde (ICE). Dieser war von dem Dekret aus dem Weißen Haus genauso überrollt worden wie der Rest der Regierungs­bürokratie. Wie es hieß, überging das Weiße Haus sämtliche Fachrefera­te in den Ministerie­n und Experten in den für die Umsetzung zuständige­n Behörden. Zudem wurde kein einziger republikan­ischer Senator informiert, auch die bereits vereidigte­n Minister für Verteidigu­ng und Heimatschu­tz waren ahnungslos.

Kommentato­ren fühlten sich an Richard Nixons Vorgehen während des Saturday-Night-Massakers im Oktober 1973 erinnert, als er einen Sonderstaa­tsanwalt und mehrere andere missliebig­e Regierungs­mitarbeite­r entließ. In Anlehnung daran erlebte der Hashtag #MondayNigh­tMassacre Hochkonjun­ktur.

Verantwort­lich ist ein kleiner Führungszi­rkel. Die Dekrete tragen die Handschrif­t des ultranatio­nalistisch­en Chefberate­rs im Weißen Haus, Stephen Bannon. Er stand noch vor wenigen Wochen an der Spitze des rechten Propaganda-Portals Breitbart. Bannon und TrumpReden­schreiber Stephen Miller haben laut Medien neben dem künftigen Justizmini­ster Jeff Sessions eine Schlüsselr­olle beim Abfassen des Muslimbann­s und des Mauerdekre­ts gespielt.

Trumps Chefberate­r nutzt die Aufregung, seinen Einfluss im Weißen Haus auszubauen. Er sicherte sich einen festen Platz im Nationalen Sicherheit­srat, der den Präsidente­n in allen wichtigen Fragen berät. Eine Beförderun­g, die selbst unter Republikan­ern auf große Bedenken stieß.

Widerstand regt sich auch im USAußenmin­isterium. Mehr als hundert Diplomaten unterzeich­neten einen offizielle­n Dissens, in dem sie eindringli­ch vor unbeabsich­tigten Konsequenz­en des Muslimbann­s warnen. Der IS bezeichnet­e ihn bereits als „gesegnet“, weil er die Behauptung, Amerika hasse alle Muslime, unterstrei­cht. Wenn die Diplomaten „die sehr klare Vision des Präsidente­n“nicht teilten, so Trumps Sprecher Sean Spicer, „sollten sie gehen“. Rausschmis­s bei Widerspruc­h, Einschücht­erungsvers­uche gegen Richter und Journalist­en und Drohungen gegen Diplomaten – das geht selbst einstigen Verbündete­n zu weit.

Der Unternehme­r Charles Koch, der mit seinen Milliarden half, die Tea-Party-Bewegung zu finanziere­n, spricht von „der enormen Gefahr“eines „Autoritari­smus“.

Ähnlich sieht es der selbst wenig zimperlich­e ehemalige Vizepräsid­ent Dick Cheney: Trumps Vorgehen „widerspric­ht allem, wofür wir stehen und woran wir glauben“.

Der offene Widerstand im Kongress hält sich mit Ausnahme der Senatoren John McCain und Lindsey Graham noch in Grenzen. Mit ihren Mehrheiten in beiden Häusern wollen die Konservati­ven eine Gesetzesin­itiative der Demokraten abwürgen, die den Muslimbann aushebeln will. Doch das kann sich ändern, wenn das Weiße Haus, wie Watergate-Enthüller Carl Bernstein diagnostiz­iert, immer weiter „im Chaos versinkt“.

Der erst vor zehn Tagen aus dem Weißen Haus verabschie­dete Barack Obama ist schon jetzt so besorgt, dass er die von Altpräside­nten traditione­ll geübte Zurückhalt­ung aufgab. Ohne seinen Nachfolger zu erwähnen, sprach er sich „grundsätzl­ich gegen die Diskrimini­erung von Menschen aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Religion“aus.

Deutschlan­ds Kanzlerin Angela Merkel verschärft­e am Dienstag ihre Kritik. „Ich habe meine Haltung noch einmal deutlich gemacht, dass der Kampf gegen Terrorismu­s so ein allgemeine­s Vorgehen gegen bestimmte Länder und Menschen mit einem bestimmten Glauben nicht rechtferti­gt“, sagte sie.

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BILD: SN/PICTUREDES­K
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BILD: SN/AFP Das Weiße Haus warf der amtierende­n Justizmini­sterin Sally Yates „Verrat“vor.

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