Extreme Wut auf die Polit-Elite
Die politische Debatte über Frankreich hat sich in einem entscheidenden Punkt geändert. Bisher hat es als fix gegolten, dass Marine Le Pen auf ihrem Weg in den ÉlyséePalast spätestens in der Stichwahl scheitern wird. Das signalisieren auch die aktuellen Umfragen. Aber mittlerweile schließen es politische Beobachter nicht mehr aus, dass die extreme Rechtspopulistin doch Präsidentin werden könnte. Zu drastisch haben BrexitVotum und Trump-Wahl politische Gewissheiten umgestürzt.
Zu stark ist auch die Wutstimmung in Frankreich. Die Bürger scheinen der etablierten Parteien überdrüssig zu sein, weil Sozialisten und Konservative gleichermaßen abgehoben wirken vom Alltag der Menschen und das Land nicht aus der Krise bringen. Darum hatte bei den Vorwahlen der konservative Ex-Präsident Nicolas Sarkozy keine Chance. Ebenso verlor der sozialistische Ex-Premier Manuel Valls die Kandidatenkür. Für die Konservativen geht Ex-Premier François Fillon ins Wahlrennen, aber Affären kratzen an seiner Glaubwürdigkeit. Auf der linken Seite ist der Unabhängige Emmanuel Macron im Aufwind, aber nicht einmal er ist ohne Makel.
Das spielt Marine Le Pen in die Hände, die sozialpolitisch mit linkem Programm Stimmen fischen, in Fragen von Sicherheit und „Identität“aber mit rechten Parolen Punkte sammeln will. Der Trump-Effekt könnte sich im französischen Wahlkampf für sie auswirken. Mit einer russischen Einflussnahme zugunsten der extremen Rechtspopulistin rechnet das Land ohnedies. Will Marine Le Pen siegen, muss sie zur Stammklientel der Front National von 30 Prozent bei den Anhängern der anderen Parteien rund 20 Prozent hinzugewinnen. Nur ein „republikanischer“Schulterschluss kann sie stoppen.