Salzburger Nachrichten

Extreme Wut auf die Polit-Elite

- HELMUT.MUELLER@SALZBURG.COM

Die politische Debatte über Frankreich hat sich in einem entscheide­nden Punkt geändert. Bisher hat es als fix gegolten, dass Marine Le Pen auf ihrem Weg in den ÉlyséePala­st spätestens in der Stichwahl scheitern wird. Das signalisie­ren auch die aktuellen Umfragen. Aber mittlerwei­le schließen es politische Beobachter nicht mehr aus, dass die extreme Rechtspopu­listin doch Präsidenti­n werden könnte. Zu drastisch haben BrexitVotu­m und Trump-Wahl politische Gewissheit­en umgestürzt.

Zu stark ist auch die Wutstimmun­g in Frankreich. Die Bürger scheinen der etablierte­n Parteien überdrüssi­g zu sein, weil Sozialiste­n und Konservati­ve gleicherma­ßen abgehoben wirken vom Alltag der Menschen und das Land nicht aus der Krise bringen. Darum hatte bei den Vorwahlen der konservati­ve Ex-Präsident Nicolas Sarkozy keine Chance. Ebenso verlor der sozialisti­sche Ex-Premier Manuel Valls die Kandidaten­kür. Für die Konservati­ven geht Ex-Premier François Fillon ins Wahlrennen, aber Affären kratzen an seiner Glaubwürdi­gkeit. Auf der linken Seite ist der Unabhängig­e Emmanuel Macron im Aufwind, aber nicht einmal er ist ohne Makel.

Das spielt Marine Le Pen in die Hände, die sozialpoli­tisch mit linkem Programm Stimmen fischen, in Fragen von Sicherheit und „Identität“aber mit rechten Parolen Punkte sammeln will. Der Trump-Effekt könnte sich im französisc­hen Wahlkampf für sie auswirken. Mit einer russischen Einflussna­hme zugunsten der extremen Rechtspopu­listin rechnet das Land ohnedies. Will Marine Le Pen siegen, muss sie zur Stammklien­tel der Front National von 30 Prozent bei den Anhängern der anderen Parteien rund 20 Prozent hinzugewin­nen. Nur ein „republikan­ischer“Schultersc­hluss kann sie stoppen.

 ??  ?? Helmut L. Müller
Helmut L. Müller

Newspapers in German

Newspapers from Austria