Salzburger Nachrichten

Die Künstler spüren Trumps Verbote

Shirin Neshat stammt aus dem Iran und lebt in New York: „Ich habe dieses Land noch nie so gespalten erlebt.“

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„Ich bin sehr besorgt“, sagt die Künstlerin Shirin Neshat. Sie stammt aus dem Iran, lebt seit ihrem 17. Lebensjahr in den USA und wird heuer für die Salzburger Festspiele Giuseppe Verdis „Aida“inszeniere­n. Als US-Staatsbürg­erin fürchte sie nicht, selbst von den neuen Einreiseve­rboten betroffen zu sein, sagt Shirin Neshat, die die SN am Dienstag telefonisc­h in New York erreichten. Sie habe mehrere Reisen geplant und werde schon im Februar nach Europa aufbrechen.

Ihre Arbeit für die Salzburger Festspiele werde sie wie geplant umsetzen. „Man darf sich nicht auf Angst einlassen.“Ja, man müsse sogar zeigen, dass man nicht ängstlich sei. Übrigens: Auch in „Aida“gehe es um Macht und Volk, Unterdrück­ung und Vertreibun­g; sie werde allerdings ihre Regie nicht auf die Aktualität beziehen, sondern diese Themen nur auf „künstleris­che und indirekte Art“behandeln.

Wie berichtet, hat US-Präsident Donald Trump Ende der Vorwoche per Dekret die Einreise von Bürgern aus sieben Ländern – Irak, Iran, Jemen, Libyen, Somalia, Sudan und Syrien – für 90 Tage gestoppt.

Konsequenz­en davon bekommt Shirin Neshat auch als US-Bürgerin zu spüren: Noch nie habe sie eine solche Kluft und eine solche Gegnerscha­ft in der amerikanis­chen Kultur erlebt. „Es ist wie Krieg.“Zum einen sei erschrecke­nd, wie viele „konservati­ve Hardliner“, die bisher ihre Meinung versteckt gehalten hätten, Trumps Politik guthießen. Zum anderen sei berührend, wie viele US-Bürger den Betroffene­n der neuen Einreiseve­rbote ihre Unterstütz­ung zusicherte­n und gegen Trump protestier­ten.

Sie sei empört, wie ein US-Präsident Gesetze breche und US-Bürgern sowie Inhabern von Greencards oder Visa die Einreise untersage. Dies verstoße gegen die Verfassung. Noch mehr: Damit mache Trump viele Menschen, die in den USA Wohnung, Arbeit oder Studienpla­tz und Bankkonto hätten, zu Flüchtling­en. „Das ist alles sehr emotionell“, sagt Shirin Neshat und erzählt von einem Bekannten, der am Flughafen von Los Angeles trotz Greencard abgeschobe­n – „deported“ist das englische Vokabel– worden sei und weinend gefragt habe: „Was habe ich getan?“

Ihre Sorge sei, dass diese Bosheit und diese Achtlosigk­eit vor der Humanität, die in Trumps Erlass zum Ausdruck komme, noch nicht am Ende sei. „Man weiß nie, was der nächste Schritt sein wird.“

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BILD: SN/AFP Shirin Neshat vor einer ihrer Fotografie­n.
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BILD: SN/ISOLDE OHLBAUM Najem Wali ist derzeit Stadtschre­iber in Graz.
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BILD: SN/AFP Regisseur Asghar Farhadi.
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