Salzburger Nachrichten

Weil der Billigste selten auch der Beste ist

Der Preis ist bei öffentlich­en Vergaben meist noch immer entscheide­nd. Trotz des Bestbieter­prinzips.

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WIEN. Öffentlich­e Vergaben sind ein wichtiger Wirt schafts faktor. Jährlich kommt in Österreich ein Volumen von 35 Mrd. Euro zur Ausschreib­ung, elf Prozent des Brutto inlands pro du kts(BIP).Z um Vergleich: Der heimische Tourismus erwirtscha­ftet mit 45 Mrd. Euro rund 15 Prozent des heimischen BIP.

Bei auss chr eibungspfl­ichti gen Vergaben soll laut jüngster Novelle des Bundes vergabeg es etzes(BVerG) nicht mehr der billigste, sondern der „beste“Anbieter den Zuschlag erhalten, das heißt außer dem Preis sollen Kriterien wie Qualität, Innovation oder soziale Aspekte stärker berücksich­tigt werden.

Das ist in Österreich noch nicht in der Praxis angekommen. Oft würden Bestbieter-Ausschreib­ungen mit „Feigenblat­tkriterien zu verdeckten Billigstbi­etervergab­en“, sagt Brigitte Ederer, Chefin des Fachverban­ds Elektro- und Elektronik­industrie (FEEI). Damit werde der Spielraum im Bestbieter­verfahren nicht genützt und „wertvolle Hebelkraft für heimische Unternehme­n vertan“, ergänzt Christian Knill, Präsident des Fachverban­ds Metalltech­nische Industrie (FMI).

Eine Studie des Wirtschaft­sforschung­sinstituts belegt die Dominanz des Preises beiBe st bieter verfahren. Demnach hat jede dritte Bestbi et erv ergab ein Österreich 2016 den Preis mit zumindest 90 Prozent gewichtet, bei jeder fünften Vergabe (19,3 Prozent) betrug die Preisgewic­htung sogar 95 Prozent.

Österreich nimmt EU-weit den Preis am wichtigste­n, gefolgt von Polen und Slowenien, wo jeweils bei nur rund sechs Prozent der Vergaben der Preis zu 95 Prozent zählt. Vorreiter bei der Emanzipati­on preisfremd­er Kriterien sind Großbritan­nien, Frankreich und skandinavi­sche Länder. Auch in der Schweiz und in Norwegen ist der Preis lediglich mit 60 bzw. 35 Prozent gewichtet. Dort spielen Fachkompet­enzen, Technologi­e und Qualität eine deutlich höhere Rolle.

Für Unternehme­n, die wie die Linzer Sprecher Automation GmbH auf öffentlich­e Aufträge angewiesen sind, ist das lebenswich­tig. Der Schaltanla­gen-Hersteller könne in Skandinavi­en aufgrund seiner Qualität auch dann punkten, wenn er beim Preis nur an dritter Stelle liege, sagt Geschäftsf­ührer Erwin Raffeiner. In Österreich sei das unmöglich, hier lasse man Umsatz liegen. Der hohe Stellenwer­t des Preises schwäche die Wettbewerb­sposition heimischer Firmen gegenüber Ländern mit geringeren Lohnkosten.

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