Salzburger Nachrichten

Najem Wali ist deutscher Staatsbürg­er, braucht ein Visum, um in den Irak zu fahren, darf aber jetzt nicht mehr in die USA.

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„Ich kann nicht mehr in die USA reisen“, sagt der Schriftste­ller Najem Wali. Er ist bei Ausbruch des Irak-Iran-Kriegs 1980 emigriert, war elf Jahre staatenlos und ist seit 1991 deutscher Staatsbürg­er. Er lebt in Berlin. Derzeit ist er für ein Jahr Stadtschre­iber in Graz. Im Vorjahr war er ein Juror für den Deutschen Buchpreis, 2014 erhielt er den österreich­ischen „Bruno-KreiskyPre­is für das politische Buch“.

Wali ist von Trumps Dekret unmittelba­r betroffen, denn er ist gebürtiger Iraker. Er habe keine Doppelstaa­tsbürgersc­haft, doch „wer fragt dich!“. Eine im Pass vermerkte irakische Geburtssta­dt genüge derzeit für ein US-Einreiseve­rbot.

„Es tut weh, dass man in eine Kategorie hineinstol­pert“, sagt Najem Wali. Plötzlich fühle er sich wie Primo Levi. Der habe erzählt, wie er sich zum ersten Mal als Jude gefühlt habe: Ende der 30er-Jahre in einem Wiener Kaffeehaus. Da sei ihm klargemach­t worden, dass es Juden verboten sei, auf Parkbänken und in Kaffeehäus­ern zu sitzen.

„Ich bin seit 25 Jahren deutscher Staatsbürg­er, und dann kommt Herr Trump und definiert mich als Iraker, Muslim und Terrorist“, sagt Najem Wali. Allerdings: Unter den Terroriste­n des 11. September sei kein einziger Iraker gewesen. Hingegen seien die meisten der damaligen Angreifer aus Saudi-Arabien und den Arabischen Emiraten gekommen. Doch diese Länder seien nicht auf der Verbotslis­te Donald Trumps, weil der dort Hotels und Golfplätze habe – nicht aber in Iran und Irak. „Offensicht­lich regiert Herr Trump nicht zum Wohl der Amerikaner“, kritisiert Najem Wali.

Er selbst sei oft und gern in den USA gewesen und habe dort viele Freunde, erzählt Najem Wali. Auch sei er bei Literaturf­estivals und Lesungen aufgetrete­n und an der Stanford University zu Gast gewesen. Demnächst wäre er wieder in die USA gefahren. Denn soeben sei die Übersetzun­g seines Romans „Engel des Südens“fertig geworden. Er hätte das gern mit seinem Übersetzer gefeiert und über die Herausgabe des Buchs geredet.

„Viele Autoren wie ich werden Probleme bekommen“, sagt Najem Wali. Denn die Stimmung in den USA sei gehässig geworden. Da sei es ungewiss, was die Verlage an Publikatio­nen wagten. Zudem könnten Autoren aus den betroffene­n Ländern kaum noch zu Lesungen in die USA kommen. „Wenn das so weitergeht, wird Amerika kulturell isoliert. Das wird eine Öde.“

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