Herr Salomon auf der Reise nach Prag
Für die Salzburger Mozartwoche ersann der Tenor Michael Schade eine neue Geschichte.
Die Idee ist eine schöne Erweiterung konzertanter Darbietungsformen. Man nehme eine Sopranistin, einen Tenor und einen Bass, ein Orchester und einen Erzähler, der einen Faden spinnt. Dann kann man daran wie auf einer Perlenschnur Opern- und Konzertarien, die eigentlich nicht zusammengehören, zu einer neuen „Handlung“verbinden.
Die Idee ist nicht neu, aber immer gut brauchbar. Bei den Salzburger Festspielen etwa gab es 1994 im Residenzhof die Preziose einer neu erzählten imaginären Mozartoper: „Ombra felice“, gestaltet von Ursel und Karl-Ernst Herrmann.
Die Idee, der Form nach so etwas wiederzubeleben, hatte jetzt der Tenor Michael Schade (der übrigens schon damals als Festspieldebütant dabei war). „Salomons Reise“heißt sein Stück, das am Freitag im Großen Saal des Mozarteums zunächst einen kleinen Mozart aus einem großen Koffer ließ. Dann kamen – nach einer gespielten Schrecksekunde, die wie der ganze Anfang zu breit ausgewalzt war – die Mitwirkenden (neben dem metallisch auftrumpfenden Schade die wunderbare, beseelt singende Christiane Karg und der etwas ungeschlacht wirkende Bass Manuel Walser) als „reale“Sänger-Zeitgenossen Mozarts auf das Podium und ins Spiel: Nancy Storace, Valentin Adamberger und Francesco Benucci.
Sie wurden – so die Vorgabe – von Johann Peter Salomon als MozartZeitzeugen „gecastet“. Florian Teichtmeister spielte den Impresario, der später Joseph Haydn zu triumphalen Gastspielen in London verpflichtete. Bei Mozart war er 1791 zu spät gekommen, weil der Tod zuvorkam. Also fuhr – anhand von originalen Briefzitaten und fiktiven, gelegentlich mit schalkhaftem Humor gewürzten Verbindungstexten – Salomon mit seinen Sängern zunächst zur Mozart-Gedenkfeier nach Prag (nicht nur Anlass, aus „Don Giovanni“die Arie „Dalla sua pace“einzubauen, sondern auch weitere paritätisch auf die Stimmen aufgeteilte Ausschnitte aus „Figaro“und „Così fan tutte“) und am Ende, per pantomimisch herbeigerufenem Flugzeug, nach London, wo die Sänger von Mozarts Ruhm künden sollten. Als Reisemusik gab der wackere Bach Consort Wien unter Rubén Dubrovsky ihnen den Schlusssatz der „Prager Symphonie“mit auf den Weg.
Unter den solcherart neu eingeordneten Arien fanden sich bekannte – wie „Non temer, amato bene“– und weniger geläufige Nummern: Für die Kerkerszene „Misero, o sogno “– „Aura, che intorno spiri“ griff Michael Schade nachgerade zu Beethoven’schen Florestan-Tönen. Und auch das Terzett „Mandina amabile“zählt nicht eben zu den alltäglichen Mozart-Ensembles.
Man konnte also an diesem Vormittag Lehrreiches ohne trocken dozierenden Habitus erfahren. Auch altertümlicher Schulfunk wurde vermieden. In den besten Momenten dieser von Alexander Hauer bis auf den Anfang unaufdringlich inszenierten Matinee waren Witz und tiefere Bedeutung sogar in feiner Balance.