Wenn Männer laut nach mehr Frauen rufen
Das ging ja schnell. Sage noch einer, die Sozialpartner hätten in Österreich an Bedeutung verloren oder Einfluss eingebüßt. Am 9. Jänner ließ Arbeiterkammerpräsident Rudolf Kaske die Öffentlichkeit wissen, dass Österreich unbedingt eine gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote für Aufsichtsräte großer Unternehmen brauche. Nicht zum ersten Mal, aber diesmal hatte der AK-Chef Erfolg.
Keine drei Wochen später steht die Forderung als Vorhaben der Koalition im überarbeiteten Regierungsprogramm – interessanterweise als Unterpunkt des Kapitels „Sicherheit und Integration“. Die Politik betrachtet das Thema offenbar nicht nur unter dem Aspekt der Frauenförderung, sondern denkt größer. Man will Frauen nicht nur in die Führungszirkel integrieren, sondern erwartet auch, dass Unternehmen mit Frauen an der Spitze sicherer sind.
Wie dem auch sei. Ab Anfang 2018 müssen 30 Prozent der Aufsichtsräte in börsenotierten Unternehmen und solchen mit mehr als 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Frauen sein. Wie ein Verstoß gegen diese Verpflichtung sanktioniert wird, ist offen, die Regierung verweist allerdings auf die deutsche Rechtslage. Dort gilt die 30-Prozent-Frauenquote für börsenotierte Unternehmen seit Anfang 2016 – erfüllen sie diese Auflage nicht, dann bleiben die Plätze im Kontrollgremium leer. Na bumm.
Unbestritten ist, dass Frauen in Spitzenfunktionen in der Wirtschaft unterrepräsentiert sind – aber das gilt auch für die Politik. In Österreich kommt der Gesetzesvorstoß von einer Regierung mit einer Frauenquote von 25 Prozent. Rechnet man die Staatssekretäre weg, die formell nicht dazugehören, verringert sie sich auf 21 Prozent. Man kann einwenden, dass dem Aufsichtsrat im politischen System eher der Nationalrat entspricht, dem die Regierung verantwortlich ist. Nun, bei den Abgeordneten liegt der Frauenanteil aktuell haarscharf über 30 Prozent – gerade noch die Kurve gekratzt.
An Frauenquoten scheiden sich die Geister – und nicht nur die der Männer. Richtig froh machen sie auch viele Frauen nicht. Ex-SPÖPolitikerin Brigitte Ederer, viele Jahre Personalvorstand bei Siemens, sprach sich lange gegen eine Frauenquote aus – jetzt begrüßt sie das Gesetz. Interessant ist aber, dass just jene Männer, die laut nach einer verpflichtenden Frauenquote an der Spitze von Unternehmen rufen, stets dafür sorgen, dass der Kelch an ihnen vorübergeht. Das gilt für Parteien und Sozialpartner gleichermaßen.
Gerade sie hätten es aber in der Hand, die Aufstiegschancen von Frauen zu erhöhen, durch mehr Angebote zur Kinderbetreuung, und vieles mehr. Vor allem aber dadurch, dass sie mit gutem Beispiel vorangehen und nicht nur von gleichen Chancen für Frauen reden und sie von anderen einfordern, sondern es selbst vorleben. Aber über diesen Schatten springt Mann dann doch nicht leicht.