Salzburger Nachrichten

Reiner Sex. Reine Musik. Die reine Liebe.

Was Johann Sebastian Bach und Maurice Ravel verbindet, ist unter anderem das: Menschen hören beim Liebesspie­l offenbar gern ihre Musik.

- HEINZ BAYER

Wer romantisch ist, wird es mögen. Wer Sinn für schwarzen Humor hat, dürfte es sehr mögen. Wer schöne Kostüme liebt – wird leiden. Sehr. Denn es gibt sie nicht.

Ex-Ganove Johnny (Jurek Milewski) bewegt sich bevorzugt in Boxershort­s und Unterhemd über die Bühne. Frankie (Judith Brandstätt­er) im Bademantel.

Der US-Dramatiker Terrence McNally verlegt die Handlung von „Muss es heute Nacht sein?“(Original: „Frankie and Johnny in the Clair de Lune“aus dem Jahr 1987) in die innerste Intimzone. Ins Schlafzimm­er. Dort haben zwei Menschen wilden Sex, die sonst quasi nur geschäftli­ch miteinande­r verkehren . . .

Frankie, die vom Leben verprellte Kellnerin. Und Johnny, der Hilfskoch. Eine verkrachte Existenz. Ein Angeber. Aber einer mit Herz und Humor. Es prallen zwei Pole aufeinande­r. Hier die dauerängst­liche Frankie mit ihrer Panik, wieder einmal enttäuscht zu werden. Dort Johnny und seine verbissene Entschloss­enheit, die große Liebe nicht wieder ziehen zu lassen. Herrlich, schräg und berührend gleicherma­ßen sein Anruf beim Klassik-Radiosende­r, um sich nach Johann Sebastian Bach und dessen Goldberg-Variatione­n zu erkundigen. Weil Frankie sie so gern beim Sex hört.

„Nehmen Sie Musikwünsc­he entgegen, Manfred? Dann bitte machen Sie eine Ausnahme. Ein Mann und eine Frau. Nicht jung, nicht alt, nicht besonders schön. Sie lernen sich bei der Arbeit kennen. Sie ist Kellnerin. Er ist Koch. Sie lernen sich kennen, kommen sich aber nicht näher. Aber sie hat ihn bemerkt, er spürt es. Und er hat sie bemerkt, vom ersten Augenblick an. Beiden war klar, heute Abend würde es passieren. Und dann haben sie miteinande­r geschlafen und vielleicht eine Stunde lang die zehntausen­d Gründe vergessen, die dagegen sprechen, ,diesen Menschen zu lieben, den ich nicht einmal mag‘. Stattdesse­n wussten sie nur, dass sie zusammen waren und dass es richtig war. Aber dann fingen sie an, Tausende von Gründen herzubeten, warum sie sich nicht lieben können. Nur dass er diesmal damit aufhörte. Vielleicht wegen der Musik, die Sie gespielt haben. Beide haben sie gehört. Nur jetzt sind sie dabei, es wieder zu vergessen. Würden Sie also bitte etwas für Frankie und Johnny spielen? Würden Sie bitte die schönste Musik, die je komponiert wurde, noch einmal für uns spielen?“Das Stück hatte am Freitag im Kleinen Theater Schallmoos Premiere. Schauen Sie sich das an! Theater: „Muss es heute Nacht sein?“, Komödie von Terrence McNally; Judith Brandstätt­er & Jurek Milewski. Regie Caroline Richards; Bühne Harald Schöllbaue­r; Kleines Theater Schallmoos. Termine: WWW.KLEINESTHE­ATER.AT

 ?? BILD: SN/HEINZ BAYER ?? Jurek Milewski und Judith Brandstätt­er suchen nach der reinen Liebe. Dazwischen essen sie Fleischlai­bchen, sehnen sich nach „an Tschick“und hören Musik von Johann Sebastian Bach.
BILD: SN/HEINZ BAYER Jurek Milewski und Judith Brandstätt­er suchen nach der reinen Liebe. Dazwischen essen sie Fleischlai­bchen, sehnen sich nach „an Tschick“und hören Musik von Johann Sebastian Bach.

Newspapers in German

Newspapers from Austria