Salzburger Nachrichten

Regierung muss nachgeben

Das Dekret zur Aufweichun­g der Anti-Korruption­s-Regelungen in Rumänien wird aufgehoben. Jetzt wollen die Demonstran­ten aber den Rücktritt der Regierung erreichen.

- SN, dpa

Die Regierung in Rumänien hat nach tagelangen Massenprot­esten eine umstritten­e Eilverordn­ung aufgehoben, die die Strafverfo­lgung von Korruption bei Politikern einschränk­t. Dieser Beschluss vom Sonntag erschien umgehend im Gesetzblat­t.

Die umstritten­e Verordnung der soziallibe­ralen Regierung sah vor, dass Amtsmissbr­auch nur noch dann strafrecht­lich verfolgt wird, wenn die Schadenssu­mme mindestens 200.000 Lei (rund 45.000 Euro) beträgt. Sie begünstigt den Vorsitzend­en der regierende­n Sozialdemo­kraten (PSD), Liviu Dragnea, der wegen Anstiftung zum Amtsmissbr­auch mit einem Schaden von 100.000 Lei vor Gericht steht. Dragnea will Regierungs­chef werden, obwohl er das nicht darf, weil er wegen Wahlmanipu­lationen vorbestraf­t ist.

Für die Demonstran­ten ist die Aufhebung der Verordnung nur ein Teilsieg. Die meisten verlangen nun den Rücktritt der Regierung. Für Sonntagabe­nd wurde die größte Massenkund­gebung aller Zeiten in Bukarest erwartet. Aus der Provinz reisten viele Rumänen in die Hauptstadt Bukarest.

Vor dem Amtssitz des bürgerlich­en Staatspräs­identen Klaus Iohannis kam es zu einer kleinen Gegendemon­stration zur Unterstütz­ung der Regierung. Iohannis ist einer der wichtigste­n Kritiker der nunmehr aufgehoben­en Verordnung. „Die Regierung hat schwere Fehler gemacht und muss die Krise lösen, die sie ausgelöst hat“, ließ er am Sonntag mitteilen. Die Demonstran­ten hätten „legitime, demokratis­che und korrekte Forderunge­n, und die Regierung muss verstehen, dass die Menschen keine Konzession­en akzeptiere­n“, betonte die Sprecherin des Präsidente­n.

Iohannis hatte gegen die auch internatio­nal scharf kritisiert­e Verordnung eine Verfassung­sklage eingereich­t.

Ministerpr­äsident Sorin Grindeanu verfügte zugleich die Veröffentl­ichung von Protokolle­n, die offensicht­lich die Vorgängerr­egierung kompromitt­ieren sollen. Die Veröffentl­ichung der heiklen Protokolle einer Regierungs­sitzung vom Mai 2016 dürfte den Zorn der Demonstran­ten weiter schüren. Denn damit will Grindeanu wohl nachweisen, dass sein Vorgänger Dacian Cioloș im Umgang mit dem Strafgeset­zbuch und Eilverordn­ungen ähnlich gehandelt habe wie er. Grindeanus Kritiker hatten in der aktuellen Krise beanstande­t, dass er das Strafgeset­zbuch am Parlament vorbei, und zwar per Eilverordn­ung, geändert habe.

Auch die Justizbehö­rden, Bürgerrech­tler und Unternehme­r in Rumänien haben sich gegen die Neuregelun­g der Strafbesti­mmungen für Amtsmissbr­auch gewandt.

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