Kein Platz für Bücher
Frick in der Wiener Kärntner Straße ist Geschichte, am Buchgeschäft Höllrigl in Salzburg will der Besitzer festhalten, trotz düsterer Aussichten.
SALZBURG. Schon 52 Jahre handelt Wilhelm Sotsas mit Büchern. 17 Geschäfte hat er eröffnet. Aber die Zeiten, in denen Buchhändler zu Innenstädten gehörten wie Kaffeehäuser oder Fußgängerzonen, seien vorbei, sagt Sotsas. „In zehn Jahren wird es in Toplagen in den Innenstädten keine Buchhändler mehr geben“, sagt der 73-Jährige. Seine Traditionsbuchhandlung Frick in der Kärntner Straße in Wien ist seit dieser Woche zu, die Filiale am Graben will er halten. Auch die Salzburger Buchhandlung Höllrigl – nach eigenen Angaben Österreichs älteste, gegründet 1594 – stehe nicht in Diskussion. „Wenn mir aber wer ein gutes Angebot macht, würde ich wohl auch hier zu überlegen beginnen“, fügt Sotsas hinzu.
Einheimische kauften immer weniger in Innenstädten ein. Und immens hohe Mieten in Toplagen machten es unmöglich, Bücher mit niedrigen Spannen zu verkaufen. Den Alpenverlag in Salzburg hat Sotsas bereits geschlossen, die Mayrische Buchhandlung verkauft. Höllrigl habe ein günstiger Altmietvertrag das Überleben gesichert.
Österreichweit sind von Sotsas’ 17 Buchhandlungen nur sieben und ein Restposten-Geschäft geblieben. „Ich hätte mir nie vorstellen können, Filialen wie jene in der Kärntner Straße zu schließen, die ich immer für Filetstücke gehalten habe.“Allein im Vorzeigehaus am Graben habe sich der Umsatz seit den 1990er-Jahren halbiert, auch bei Höllrigl gehe es seit Jahren nach unten. Gestürmt würden die Innenstädte vor allem von Touristen. „Ich kritisiere das gar nicht, aber sie kaufen nun mal keine Bücher.“Und die Stadtväter hätten in Salzburg alles dafür getan, die Innenstadt in ein Museum zu verwandeln. Über Jahre habe er versucht, die Höllrigl-Ge- schäfte auf beiden Seiten des Durchgangs zu verbinden und den schönen Innenhof in ein Büchercafé umzuwandeln. „In der denkmalgeschützten Altstadt kann man aber kein Projekt umsetzen.“
Buchhandlungen seien nur mehr in Nebenlagen zu führen, bei niedrigeren Kosten und mit guter Beratung könne man bei Stammkunden punkten. „Ich bin jetzt 73 und führe das Geschäft noch, weil es mir Spaß macht.“Eine Pleite werde er aber nicht riskieren, und da vorher Standorte zusperren, sagt Sotsas.
Ganz unrecht habe er nicht, sagt der Geschäftsführer der Rupertus Buchhandlung und Obmann des Salzburger Buchhandels, Klaus Seufer-Wasserthal. „Ich bin aber überzeugt, dass gut geführte Buchhandlungen Zukunft haben“, zumal sich ähnlich wie bei Schallplatten eine Wiederbelebung des Buches abzeichne. „So, wie auch junge Leute neben dem Streaming ihrer Lieblingsmusik wieder zur CD und dem guten alten Vinyl greifen, gibt es Leute, die Bücher zum Angreifen einfach lieben.“
In der Salzburger Altstadt habe nicht nur der Buchhandel Probleme, sondern angesichts der Mieten jeder kleine Händler. „Wer nicht Souvenirs in Massen verkauft oder als großer Filialist sein Geschäft in der Getreidegasse als Auslage sieht, kann sich die Flächen kaum mehr leisten.“Wenn selbst im hinteren Teil der Linzer Gasse 60 m2 Geschäftsfläche 5000 Euro im Monat kosten, sei das nicht mehr zu verdienen. Dazu kämen noch Stau und mangelhafter öffentlicher Verkehr.
Den Trend zu Ketten, Souvenirläden und Snack-Buden bestätigt die jüngste Studie des Handelsberaters Standort + Markt. Der Anteil der Lebensmittel- und Drogeriegeschäfte ging seit 2013 in der Salzburger Innenstadt von 11,0 auf 9,4 Prozent zurück, bei Wohnungseinrichtung und Interieur von 9,0 auf 7,5 Prozent. Für Schmuck und Souvenirs gab es dagegen ein Plus von 16,5 auf 18,6 Prozent, wie Hannes Lindner von Standort + Markt sagt. Noch stärker gestiegen sei der Gastronomieanteil, von 20,1 auf 26,5 Prozent, gestiegen (von 30,2 auf 32 Prozent) sei auch der Anteil der Geschäfte, die zu Ketten mit mehr als fünf Filialen zählen, in der Getreidegasse liege er bei über 38 Prozent. Betrachtet man die Fläche, gehören in der Salzburger Innenstadt bereits 60 Prozent zu großen Ketten.
In ganz Salzburg sank die Zahl der Buchhändler im vergangenen Jahrzehnt von 114 auf 94. Der Trend halte an, sagt Seufer-Wasserthal, weil ältere Inhaber schwer Nachfolger fänden, wie die Rupertus Buchhandlung, die 2005 vom Innsbrucker Tyrolia Verlag geschluckt wurde. Das Erfolgsrezept des Branchensprechers lautet, die Buchhandlung mit Onlineverkauf und Internetauftritt zu verbinden. Und Präsenz, sowohl im Geschäft als auch bei Veranstaltungen, die mit Büchern und Literatur zu tun haben.
„Kleine Buchhandlungen haben weiterhin ihre Berechtigung“, sagt Heinz Stierle, der mit 77 Jahren immer noch sein Geschäft am Mozartplatz betreibt. „Bei uns bekommen Kunden selbst vergriffene Bücher, die sie sonst nirgends mehr finden.“Leicht werde es dem Buchhandel in Salzburg aber nicht gemacht. „Obwohl ich mein Geschäft an dem Standort seit 29 Jahren führe, habe ich außerhalb der Lieferzeit keine Zufahrtsgenehmigung und muss die Bücher hereinschleppen.“
„Die Salzburger Innenstadt ist nur noch ein Museum.“Wilhelm Sotsas, Höllrigl