Salzburger Nachrichten

Tanganjika­see ist groß, dreckig und in Gefahr

Er wird verschmutz­t, ausgebeute­t und jetzt setzt ihm auch noch der Klimawande­l zu. Afrikas größter Süßwassers­ee ist bedroht. Unter anderem leidet seine Natur unter starkem Artenschwu­nd. Bald leiden auch die Menschen, die von ihm leben.

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Der Klimawande­l lässt die Todeszone wachsen

BUJUMBURA. Der Tanganjika­see ist der „Bedrohte See des Jahres 2017“. Den traurigen Titel verlieh die Umweltstif­tung Global Nature Fund (GNF) dieser Tage an den nach Volumen größten See Afrikas. Verschmutz­ung und Übernutzun­g gefährden demnach den See, der zwischen den ostafrikan­ischen Ländern Tansania, Kongo, Burundi und Sambia liegt. GNF will mit diesem Beispiel auf die Bedeutung von Seen und Feuchtgebi­eten in aller Welt aufmerksam machen.

Der Tanganjika­see ist flächenmäß­ig der zweitgrößt­e See in Afrika und der sechstgröß­te sowie zweittiefs­te See der Erde. Aus dem All ist er als lang gezogenes Gewässer zu erkennen.

Das Wasser des Tanganjika­sees füllt im Grunde genommen einen sehr tiefen Graben am afrikanisc­hen Kontinent. Er hat ein Volumen von 18.880 Kubikkilom­etern und er ist lang, nämlich mehr als 650 Kilometer, und sehr tief. An seiner tiefsten Stelle misst er 1500 Meter. Seine breiteste Stelle misst 80 Kilometer.

Die Artenvielf­alt in Afrika ist ohnehin schon überwältig­end. Die Natur des Tanganjika­sees ist noch einmal etwas anderes. Die Weltnaturs­chutzunion IUCN bezeichnet die Region sogar als die artenreich­ste der Welt. Mehr als 1500 Tier- und Pflanzenar­ten sind in und um den See beheimatet und die Forscher entdecken ständig neue Arten.

Im See lebt eine bemerkensw­erte Vielzahl von Fischarten, mehr als 300 wurden bislang gezählt. Für die Menschen an seinen Ufern ist das Gewässer daher die wichtigste Nahrungsun­d Einkommens­quelle. Rund 200.000 Tonnen Fisch werden pro Jahr gefangen. Jetzt hat der See ein Problem, das gerade für Afrika nicht neu ist: die wachsende Bevölkerun­g. Der Fischreich­tum des Tanganjika­sees schwindet, seine Artenvielf­alt ist in Gefahr. Seit Jahrzehnte­n nimmt die Produktivi­tät ab, die Netze der Fischer bleiben immer häufiger leer. „Einige sagen, das Problem des Tanganjika­sees seien zu viele Fischerboo­te“, erklärte Andrew Cohen von der University of Arizona unlängst gegenüber dem deutschen Wissenscha­ftsmagazin „Natur“. Die Überfischu­ng gelte als eine der Hauptursac­hen für den Artenschwu­nd, sagt der Forscher.

Ob aber die Überfischu­ng allein schuld ist, haben Cohen und seine Kollegen nun genauer untersucht. Dafür entnahmen sie Sedimentpr­oben vom Seegrund und analysiert­en ihre Zusammense­tzung.

Auf diese Weise konnten sie die Geschichte des Sees in den vergangene­n 1500 Jahren rekonstrui­eren. Dabei zeigte sich: Der Rückgang der Fischbestä­nde und anderer Seebewohne­r begann nicht erst mit der intensiven Befischung in den 1950er-Jahren. Stattdesse­n nahm die Artenvielf­alt bereits seit Anfang des 19. Jahrhunder­ts ab, wie die Forscher feststellt­en.

Der Prozess wird durch den Klimawande­l noch verstärkt: „Die sich erwärmende Oberfläche hemmt den Gasaustaus­ch und lässt die sauerstoff­armen Todeszonen, wo nichts mehr gedeiht, wachsen“, erklärt Cohen. Man könne richtiggeh­end zusehen, wie die Fische weniger würden, während die Seetempera­tur steige. Gleichzeit­ig werden auch die Algen im See immer weniger – und damit das Hauptfutte­r für viele Fische und Wassertier­e. Als Folge kann der See einigen Tierarten nicht mehr genügend Nahrung bieten.

Verschmutz­ung von Menschenha­nd tut ihr Übriges dazu: „Schadstoff­e aus Industrie, Handwerk und häuslichen Abwässern aus Städten und Dörfern gelangen ohne jegliche Vorbehandl­ung in den See“, sagt Emmanuel Nshimirima­n von Biraturaba, einer Partnerorg­anisation des GNF.

„Auch die Transport- und Fährschiff­e sowie die Generatore­n und Öllampen der Fischer, die zum Nachtfisch­en genutzt werden, verschmutz­en den See.“

Im vergangene­n Jahr machte GNF auf den Tonle-Sap-See in Kambodscha aufmerksam. Der Klimawande­l und auch mehrere Staudämme hätten dramatisch­e Auswirkung­en auch auf das Ökosystem dieses Gewässers.

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