Angehörige sind immer mit betroffen
Alkoholkranke bringen die Menschen in ihrem sozialen Umfeld unter Zugzwang.
Die Entwicklung einer Sucht zieht sich über Jahre oder sogar Jahrzehnte hin. Wo genau ein Missbrauchsmuster in eine Abhängigkeit übergegangen ist, kann selbst ein Abhängiger im Nachhinein schwer beurteilen. Entsprechend unmöglich ist es, als Angehöriger das Trinkverhalten eines Betroffenen richtig einzuschätzen. Ist es zu viel oder noch normal? Man möchte ja niemandem Unrecht tun. Fakt ist, dass Verhaltensweisen, die oftmals bei Angehörigen zu beobachteten sind – den Alkohol verbieten, Alkohol wegschütten oder leere Drohungen aussprechen –, nicht effektiv sind. Das Leben der Angehörigen verkommt mit der Zeit zu der Position des Karnickels im Angesicht der Schlange. Völlig erstarrt kreist der Angehörige um den Betroffenen, entschuldigt und beschuldigt ihn abwechselnd, vergisst auf sein eigenes Leben – und gerät selbst in eine unheilvolle Abhängigkeitsdynamik. Die Lösung liegt meist in der Hinwendung zu der eigenen Befindlichkeit, in einer Rückbesinnung auf sich selbst. Man beginnt seine eigene Not wahrzunehmen und holt sich Hilfe. Erst durch die Einbeziehung Dritter, durch Information und Klarheit, kann man ein Problem richtig einschätzen lernen und die angemessenen Schritte zur Lösung finden. Und nun die gute Nachricht: Aus der praktischen Arbeit weiß man, dass in vielen Fällen die Angehörigen der Auslöser dafür sind, dass sich ein Betroffener in Behandlung begibt. Wenn ein Angehöriger seine Ohnmachtsposition zunächst erkennt und verlassen kann, also heraustritt aus der Opferrolle, kann er einen wesentlichen Anstoß für die Heilung eines suchtdominierten Familiensystems geben.
Mag.a Caroline Weinlich, leitende Psychologin Suchthilfe Klinik Salzburg, Leiterin der Angehörigengruppe. Kontakt: WWW.SUCHTHILFE-SALZBURG.AT
Beratung: Psychosozialer Dienst des Landes, Suchthilfe Klinik Salzburg (Angehörigengruppe). Hilfe zur Selbsthilfe finden Angehörige und Freunde in den Angehörigenmeetings der Al-Anon.