Anklage überschattet den politischen Alltag
Die Auslandsreise wird wohl abgeblasen. Die juristische Causa rund um den Bürgermeister und zwei Spitzenbeamte hat jetzt Vorrang.
SALZBURG. Wenn heute, Montag, um 14 Uhr das Stadtratskollegium im Schloss Mirabell zu seiner gewohnten Gesprächsrunde zusammentrifft, wird es genug zu bereden geben. Die Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) und zwei Spitzenbeamte der Stadt überschattet derzeit die Arbeit der Stadtpolitik.
Die geplante Reise der Stadtregierung nach Tel Aviv und Jerusalem, die von Dienstag bis Freitag auf dem Programm steht, wird wohl abgeblasen. ÖVP-Vizebürgermeister Harald Preuner meinte am Sonntag: „Wir haben im Moment Wichtigeres zu tun. So eine Reise kann man auch verschieben.“Auch Neos-Stadträtin Barbara Unterkofler findet eine Auslandsreise derzeit nicht passend: „So wichtig das Thema der Reise auch wäre, aber in der momentanen Situation kann nicht die gesamte Stadtregierung ins Ausland fahren.“
Bürgermeister Heinz Schaden und der mitangeklagte Magistratsdirektor werden sich heute, Montag, mit ihrem Anwalt über die weitere Vorgehensweise beraten. Die Frage ist, ob Schadens Linzer Anwalt Walter Müller Einspruch gegen die Anklage erhebt. Das ist nach der Strafprozessordnung möglich, etwa wenn es formelle Mängel gibt oder die Causa wegen Verjährung nicht mehr mit Strafe bedroht ist. Unter Juristen gilt ein Einspruch aber als heikel und risikobehaftet. Denn wenn das Oberlandesgericht Linz
„Es gibt ein paar unschöne Dinge, das ist völlig unbestritten.“Johann Padutsch, Bürgerliste
mit einem Senat bestehend aus drei Richtern den Einspruch abschmettere, dann sei die Anklage „betoniert“, meinen erfahrene Rechtsanwälte dazu. Einen Vorteil aber brächte ein Einspruch sehr wohl: Heinz Schaden gewänne dadurch Zeit. Denn bis das Oberlandesgericht darüber entscheide, vergingen etwa drei bis vier Monate.
Die Frage ist auch, was Schadens Anwalt dem Gutachter der WKStA, Christian Imo, entgegenhält. Dieser hatte errechnet, dass dem Land durch die Übernahme der Stadt-Derivate ein finanzieller Schaden von 4,8 Millionen Euro entstanden sei. Darauf baut die Staatsanwaltschaft die Klage
„Die politische Aufarbeitung ist jetzt nicht vorrangig.“Harald Preuner, Vizebgm. ÖVP
auf. Bürgermeister Schaden hatte stets einen Kontrollamtsbericht dagegengehalten. In diesem Bericht aus 2013 ist von einem Minus von 141.000 Euro die Rede. Allerdings handelt es sich nicht um eine Barwert-Berechnung der Swaps, sondern um eine Berechnung des jährlichen Zinsverlustes (Ertragswertberechnung).
Abgesehen von der juristischen Seite wirft die Anklage politische Fragen auf. Besonders der sichergestellte E-Mail-Verkehr über drei „Formulierungsvorschläge“für den Budget-Amtsbericht Ende 2007, in dem die Übertragung der Derivate an das Land keine Erwähnung fand, ist pikant.
Fühlen sich die Gemeinderäte dadurch getäuscht? Bislang fallen die Reaktionen spärlich und zurückhaltend aus. Im Vorfeld eines Gerichtsprozesses will kaum jemand ein kritisches Wort darüber verlieren. BürgerlistenStadtrat Johann Padutsch saß 2007 im Stadtsenat und meint heute: „Angelogen wurden wir ja nicht, aber eben nicht vollständig informiert. Es gibt ein paar unschöne Dinge als Begleitmusik, das ist völlig unbestritten. Aber es ändert nichts daran, dass der Hauptvorwurf dieser Anklage erst bewiesen werden muss.“
Bürgerlisten-Gemeinderätin Ingeborg Haller, ebenfalls 2007 schon aktiv in der Stadtpolitik, meinte zu den aufgetauchten EMails, diese „sprechen ohnehin für sich“. ÖVP-Vizebürgermeister Harald Preuner will zuerst das juristische Verfahren abwarten. „Die politische Aufarbeitung ist jetzt nicht vorrangig. Über das kann man nachher diskutieren. Persönliche Befindlichkeiten haben jetzt nicht Priorität.“
Doris Tazl, ursprünglich FPÖKlubobfrau, dann mit eigener Liste aktiv, saß 2007 noch im Gemeinderat. Auf die Frage, ob sie damals davon gehört habe, dass die Stadt sechs Finanzgeschäfte an das Land übergeben werde, sagt sie: „Nein, erst sehr viele Jahre später.“Sie kenne nur den damaligen Amtsbericht. In diesem habe es geheißen, die Papiere seien ohne Verlust „geschlossen“worden. Gefragt, ob sie sich dadurch getäuscht fühle, dass von der Übertragung an das Land keine Rede gewesen sei, antwortete Tazl am Sonntag: „Ich habe mit der Politik abgeschlossen. Ich möchte dazu nichts mehr sagen.“