Reif für die Insel
Die Terrorangst der Urlauber lässt die Kassen der Hoteliers in Spanien klingeln. Millionen buchen um.
Europas Urlauber suchen Sicherheit. Deshalb stürmen sie geradezu das südeuropäische Königreich, das erfolgreich mit der Ruhe im Land wirbt. Nahezu 76 Millionen Touristen kamen im Vorjahr in das EU-Land, der Zuwachs von mehr als zehn Prozent lässt die Kassen der Hoteliers klingeln.
2004 schlugen islamistische Terroristen zum ersten und zugleich letzten Mal verheerend zu, 2009 mordete die ETA zum letzten Mal. Spaniens Polizei zog ihre Lehren daraus und ist heute im Kampf gegen den Terror recht erfolgreich: Die Fahnder verfügen über eine große Kompetenz, wenn es um Rasterfahndung, Abhören und Datenüberwachung geht. Hunderte Verdächtige wurden festgenommen, mehrere Attentate verhindert. Jetzt profitiert das Land von der wachsenden Verunsicherung der Urlauber und der Schwäche der Konkurrenz. Millionen Reisende buchten von „unsicheren“Zielen wie Tunesien, Ägypten, Türkei oder auch Südfrankreich nach Spanien um.
Gabriel Escarrer, Chef der globalen mallorquinischen Hotelkette Meliá, beziffert diese „geliehenen Urlauber“mit vier bis fünf Millionen. Er mahnt Reformen an – und Nachhaltigkeit in der Tourismusbranche. Ohne diese Reformen, warnen auch andere Experten, könne Spaniens Tourismusblase ähnlich wie jene des Immobilienmarkts platzen und dem Land eine neue Wirtschaftskrise bescheren.
Spaniens boomender Tourismus ist zum wichtigsten Standbein der Nation geworden und hat den zusammengebrochenen Bausektor als Wirtschaftsmotor abgelöst. Mehr als elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts werden inzwischen mit dem Urlaubsgeschäft erwirtschaftet – Tendenz steigend. Auch Spaniens schwieriger Jobmarkt, mit einer Arbeitslosenquote von 19 Prozent, verdankt seine größten Impulse dem Tourismus.
Sicherheitsexperten teilen die Bedenken Escarrers. Sie weisen zum Beispiel darauf hin, dass die spanischen Mittelmeerstrände nicht weit von Nordafrika und den Hochburgen militanter Islamisten entfernt liegen. Zudem gebe es keinen Zweifel daran, dass sich Spanien, wie alle westlichen Länder, im Visier der Terroristen befinde.
Zugleich sorgt der SpanienBoom dafür, dass der Urlaub im Land der Sonne dieses Jahr deutlich teurer wird. Von Mallorca, vor allem in der deutschsprachigen Reisewelt beliebt, werden zweistellige Preissprünge gemeldet. Auf der Mittelmeerinsel wird es diesen Sommer wohl noch enger werden. Wer ein Bett haben will, sollte früh buchen. Die Reisebranche berichtet, dass manche mallorquinischen Hotels in der Hochsaison schon ausverkauft seien. Die seit Juli 2016 erhobene Bettensteuer hat der Nachfrage offenbar nicht geschadet.
Spaniens populärste Urlaubsregion ist Katalonien mit der Costa Brava, der Costa Dorada und Barcelona. Zu den Topreisezielen zählen weiter auch die Balearischen Inseln mit Mallorca, Ibiza und Menorca im Mittelmeer. Mallorca behauptete sich 2016 als meistbesuchte Urlaubsinsel Spaniens wie Europas. Knapp zehn Millionen ausländische Gäste verbrachten ihre Ferien auf der Baleareninsel, ein Plus von fast elf Prozent. Die Deutschen fliegen besonders auf Mallorca und stellen mit 43 Prozent den größten Anteil der Urlauber. Spanienweit sind die Briten mit 18 Millionen Besuchern die größte Urlaubergruppe, vor den Franzosen und den Deutschen.